Sonntag, 10. März 2019

FOFL VI


Leider war das gestrige sechste FOFL ein verkürztes (weniger Beiträge), aber Quantität ist ja bekanntlich nicht Qualität. Es waren wieder interessante Lieder am Start, es gab spitzfindige Spekulationen, ein paar P0rnotheorien (die hier nicht näher erläutert werden) und gebührendes Gedenken.

Nightshift - The Commodores (1985)
Die R&B-Combo um Walter Orange zollt zwei Kollegen Tribut. Marvin (Gaye) ist möglicherweise geläufiger als Jackie (Wilson). Beide Sänger können nicht mehr an der Nightshift (sich die Nacht musizierend in Clubs um die Ohren schlagen) teilhaben, sie starben 1984, im Jahr vor Erscheinen des Songs. Dieser enthält Anspielungen an die jeweils bekanntesten Lieder der verstorbenen Freunde: "What's going on" aus Gayes "I heard it through the grapevine" sowie "higher and higher" aus Wilsons "You're love keeps lifting me". Neben diesen Würdigungen wurde von uns der ausgezeichnete fretless bass anerkannt und über "neigeschifft" geschmunzelt.

Gonna miss your sweet voice
That soulful voice
On the nightshift
We all remember you
Ooh the songs are coming through
At the end of a long day
It's gonna be okay

Is he strange - John Grant (2018)
Es ist zwar klar, wo wir sind (Island), aber auf den ersten Blick nicht so ganz, wer hier zu wem spricht. Mit "you" scheint der Sänger sich selbst anzusprechen und mit etwas Hintergrundinformation entfaltet der etwas rätselhafte Text seine ganze Dramatik. Grants isländischer Partner konnte dessen Lebensumstände auf Dauer nicht ertragen und die davon belastete Beziehung scheiterte. In seinem Lied vergibt Grant sowohl der verlorenen großen Liebe, als auch sich selbst. Sehr ausdrucksstarkes Lied, textlich und musikalisch.

It's just good to know that
You can love while you are
Letting go, look at the snow
Look at it swirl and blow
And you never thought
That tree would grow

The Well - Bill "Smog" Callahan (2005)
Schönes Songwriter-Werk (ich fühlte mich ein bisschen an den Barden aus der Serie "Patriot" erinnert). Ganz eutschleunigt wird eine Szene beschrieben, die nichts Geringeres als den Kreislauf des Lebens, Naturschutz, Freigeist und die Facetten des Menschseins vereint. Die erwähnte Entschleunigung wird vom Text transportiert, musikalisch geht der Song dagegen stetig (und manchmal ein kleines bisschen langatmig) in schwankender Monotonie vorwärts, wie ein Zug rauscht und eilt die Gitarre dahin, nur gelegentlich verlangsamend, aber immer wieder an Fahrt gewinnend. Wie das Leben eben. Choo choo.

I stared into the black black black
And you know I had to yell
Just to get my voice back
I guess everybody has their own thing
That they yell into a well
I gave it a coupla hoots
A hello and a fuck y'all

Empty Garden - Elton John (1982)
Nach anfänglicher Assoziation mit der Satire "Being there" von Jerzy Kosinski und bei genauerem Hinsehen (unerlässlich beim Fofln) wurde deutlich: Hier wird ebenfalls einem Verstorbenen anerkennend gedacht. Es handelt sich um niemand Geringeren als Johns Freund John, also Eltons Freund Lennon. Das Attentat auf diesen hat die gute Saat vernichtet und der Garten liegt verwaist. Elton ruft vergeblich, denn Johnny won't "come out to play“. Eine Anspielung auf "Dear Prudence" übrigens, geschrieben von Lennon/McCartney. Eine weitere Anspielung (brownstone building) betrifft das Dakota Building, in dem Lennon wohnte und vor dem auf ihn geschossen wurde. Und nein, mit dem Insekt ist ganz sicher nicht Yoko Ono gemeint, sondern Mark Chapman, der Mörder.

Who lived here
He must have been a gardener that cared a lot
Who weeded out the tears and grew a good crop
And now it all looks strange
It's so funny how one insect can damage so much grain

Guess who - Alabama Shakes (2015)
Liest man den Text zunächst wie ein - zugegebenermaßen nicht besonders ausgefeiltes - Gedicht, klingt es einigermaßen ernst. Mit dem Wissen, daß Brittany Howard hier unter anderem thematisiert, mit was sich die Tochter einer weißen Mutter und eines schwarzen Vaters in Alabama konfrontiert sieht, ist auch verständlich, daß sie sich nach innerer Ruhe sehnt. Erstaunlich ist die Leichtigkeit mit der das Lied daherkommt, locker-groovy, wonnig und scheinbar, aber eben nur scheinbar, direkt aus den 60ern: Einer Zeit als in Alabama der KKK offen Jagd auf "die Nigger" machte. Etwas viel der Interpretation?
Vielleicht, aber Rassismus ist eben nach wie vor ein Problem, auch und vor allem in Alabama.
Those things they say can't get to me, but they do
I don't see the sky as blue, as you do
Should I fantasize, there must be some way to love again?
It's been so hard for a girl like me, it's true
People say I just look like my daddy, cause I do
All I really want is piece of mind

Muriel and the Bug - Lord Kitchener (1963)

Es handelt sich bei dem Interpreten nicht um den englischen Politiker, der im sudanesischen Burenkrieg kämpfte, sondern um den trinidadischen Komponisten Aldwyn Roberts, der eine Größe im Calypso-Genre war. Geht es in diesem Lied ganz unschuldig um Bed Bugs? (Wobei Bed Bugs grundsätzlich nie unschuldig sind!) Oder trieft es von versteckten sexuellen Anspielungen? Kommt der Käfer näher an Muriel Allersheiligstes als all die Männer, die es versucht haben? Ist der Bed Bug wirklich ein Käfer oder doch eher ein Betthaserl?
A bed bug that found himself into Muriels treasure
That bug is really clever to find that area
Muriel said, I can't believe
This little bug have me this eve
Man have tried secretly
But never touch my treasury

Weiter gefoflt wird im nächsten Quartal. Zum Glück ist das schon bald.

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