Mittwoch, 24. April 2024

Auf die Freundschaft - das 33. FOFL


Das 33. FOFL hatte ein Motto. Schnaps hätte sich angeboten, gibt auch genug Lieder, in dem es ums Trinken geht, aber das mit der Schnapszahl ist mir erst jetzt aufgefallen. Zum Glück! Denn sonst wäre uns ein sehr interessantes, sehr ergiebiges FOFL zum Thema Freundschaft entgangen.

Acht Lieder führten zu angeregten Gesprächen - oftmals weniger über die Texte an sich, als zu dem jeweiligen Aspekt von Freundschaft, den sie thematisieren. Es gab kritischen Diskurs, es wurden persönliche Erfahrungen geteilt und es wurde viel gelacht. That's what friends are for. Aber das ist auch, wofür die Kunst (im besten Falle) da ist: Fragen aufwerfen, Anstöße geben, Freude bereiten. Wunderbar.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Von wegen Lisbeth - Sushi (2016)
Wie nah ist man Bekannten oder Freunden, deren Leben man primär im What's App-Status verfolgt? Ist das Mitteilen von Vorteil, um zu wissen, was die anderen so machen? Und weiß man deshalb, wie es ihnen geht? Will man wirklich sehen, was eine Person, die im Adressbuch schlummert, mit der man aber nichts weiter zu tun hat, so treibt? Ist man neugierig oder genervt? Und wie authentisch ist eigentlich das Präsentierte? Bloß Hochglanzalltag? Wer teilt schon sein Normalodasein?

Komm, beweis' mir, wie viel du lachst
Und dann zeig' mir dein Essen, was du machst
Deine Füsse sind am Meer
Du bist in love mit deinen neuen Nike Air
Komm, erzähl' mir von New Yorker Taxis
Oder mach' Mädelsabend mit den Schatzis
Bei dir zu Hause, um zwanzig Uhr
Ich geh' mal eben von der Küche in 'n Flur
Lina, ich will dein Sushi gar nicht sehen
Warum ist dein Leben so prima?
Und du immer so wunder-wunderschön?
 
Einerseits eine Elegie, andererseits eine Ode an die Freundschaft, des Weiteren eine vielfach zum Einsatz kommende Sporthymne. Der Bassist der Band hatte in den 80er Jahren reihenweise Verluste zu beklagen und widmete den Song seinen verstorbenen Freunden. Wenige Jahre später starb er selbst und eine Neuaufnahme des Liedes wurde wiederum ihm gewidmet. Wegen des Bro-Faktors und des stadiontauglichen Mittelteils (Whooooa-ohhh-ohhh-ohhhhh) fand das Lied schließlich Einzug in die Fankultur.

To all my friends, present past and beyond
Especially those who weren't with us too long
Life is the most precious thing you can lose
While you were here, the fun was never ending
Laugh a minute was only the beginning
Canton, Colvin, Nichols, this one's for you
Ever get the feeling you can't go on
Just remember whose side it is that you're on
You've got friends with you 'til the end
If you're ever in a tough situation
We'll be there with no hesitation
Brotherhood's our rule we cannot bend

Gemeinsam einer Sache auf den Grund gehen und Lösungen zu finden - auch das kann Freunde zusammenschweißen. Wir hatten ordentlich zu rätseln bei diesem Text, der das Leben feiert und den Zusammenhalt preist - aber eben auf Kölsch. Eine "Tüte Wing" ist ein Tetrapak Wein, "ming Jitta" ist meine Gitarre. Satz des Abends: Alle Kölner nuscheln. Aber in Köln hat man trotzdem gute Laune und dieses Lied will sie verbreiten, ein Freundschaftsdienst eben.

Ne Tüte Wing üs Plastikbecher
Et Bier es zimmerwärm
Danze mir op de Dächer
Un luure uns de Sonnopjangk aan
Nix he bes op uns
Un die Sonn, Mond un Stääne
Ming Jitta un ding Stimm
Sin die schönste Symphonie
Mer fiere et Levve
Dat hält uns zosamme
Dat weed uns keiner nemme
Mer fiere et Levve
Dat weed niemols verjonn

Eher selten kommt es im FOFL-Protokoll vor, dass der zitierte Liedtextauszug dem kompletten Text entspricht. Viel gibt er nunmal nicht her, aber eben das Wichtigste. (Das Lied erfuhr sogar 1967 eine Neuauflage in einer Version für die Fernsehlotterie. Das Video dazu sollte man sich aufgrund der unglaublichen Dynamik zwischen den Fußballfreunden unbedingt ansehen: hier.)
Achtung, Freunde, das Lied ist ein fieser Ohrwurm. Oder wie der Kaiser sagen würde: "We call it a Klassiker."
 
Gute Freunde kann niemand trennen
Gute Freunde sind nie allein
Weil sie eines im Leben können
Für einander da zu sein
Laß doch die andern reden
Was kann denn schon geschehn
Wir wollen heut und morgen
Nicht auseinander geh'n
Gute Freunde kann niemand trennen
Gute Freunde sind nie allein
Weil sie eines im Leben können
Für einander da zu sein
Glück kannst du leicht vertragen
Wenn dir die Sonne scheint
Aber in schweren Tagen
Da brauchst du einen Freund

 
Ein anderer Klassiker: F.R.I.E.N.D.S. ! Es war die Serie der Neunziger. Nachdem R.E.M. (trotz der gleichen Vorliebe für Majuskeln) abglehnt hatten, dass "Shiny happy people" als Titelmelodie verwendet wird, wurde eine neue geschrieben und von der einzigen bei Warner Bros. verfügbaren Band aufgenommen. Nachdem die Serie das Lied zu einem Hit gemacht hatte, wurden zwei Strophen ergänzt. Die essentiellen FOFL-Fragen waren: Kennt das Lied nicht jeder? Muss man die Serie gesehen haben? Warum hat Jennifer Aniston ihr Leben lang quasi die gleiche Frisur? Wer ist Jennifer Aniston? Und was bedeutet DOA*?

So no one told you life was gonna be this way
Your job's a joke, you're broke
Your love life's DOA
It's like you're always stuck in second gear
When it hasn't been your day, your week, your month
Or even your year, but
I'll be there for you
(When the rain starts to pour)
I'll be there for you
(Like I've been there before)
I'll be there for you
('Cause you're there for me too)

Etwas ist in Schieflage, aber wird nicht ausgesprochen. Obwohl man befreundet ist, gibt es Konkurrenzverhalten. Die Basis, dass man sich seit Kindheitstagen kennt, hält der Tatsache, dass man sich in verschiedene Richtungen entwickelt hat, nicht stand. Eigentlich ist man nicht mehr wirklich nett zueinander, auch wenn man trotzdem noch zusammen Spaß haben kann wie früher. Freundschaften können sich manchmal merkwürdig entwickeln, unecht und ungesund werden. Wie geht man damit um? Reden, wenn man denn miteinander reden kann. Und wenn nicht? Manchmal ist es dann vielleicht sogar besser, eine Freundschaft aufzugeben.

I can't wait to get away from you
Unsurprisingly, you hate me, too
We only communicate when we need to fight
But we're best friends, right?
You're too good at pretending you don't care
There's enough resentment in the air
You don't want me in the flat when you're home at night
But we are best friends, right?
You're Stephanie and I'm Paulette
You know what all my faces mean
And it's easy to smoke it up, forget
Everything that happened in between

Noch ein Text, der sich in voller Länge zitieren lässt, weil er gar nicht so lang ist. Aber es kommt nun mal nicht auf die Länge an. Gute Freunde kann niemand trennen, aber gute Freunde muss man eben auch erstmal finden. Gar nicht so leicht, wenn man introvertiert bis schüchtern ist, nicht der große Kommunikator oder Networker ist. Man traut sich nicht und ehe man sich's versieht, sind die Chancen verpasst und Freundschaften nicht geschlossen. Ob es in der heutigen Zeit mit sozialen Netzwerken für Introvertierte einfacher ist, als 1988? Vielelicht können sich Zurückhaltende nun vielleicht leichter vernetzen. Oder es kommt zu der Situation von Lied 1 (siehe oben).

Here I sit so fucking shy
Wondering what's going through your mind
Or what you're even like
As time ticks quickly by
A life so short, incomplete
So many people I'd like to meet
Feeling awkward, afraid
Potential friends I could've made
Why do we keep to ourselves
And not dare to leave our fucking shells
Let our feelings and emotions blend
We could be the best of friends

Was muss man bei Freunden tolerieren? Was tun, wenn sie gequirlte Scheiße von sich geben? Nicht die, die man zur Seite wischen kann (sehr bildlich gesprochen), sondern die, die zum Himmel stinkt (um es olfaktorisch zu veranschaulichen). Auch bei den eigenen Freunden kann es zu inakzeptablem Verhalten kommen und das ist sehr bitter. Man geht davon aus, dass man die gleichen Werte hat und schaut plötzlich in Abgründe. Es gibt Grenzen, auch unter Freunden. Im besten Fallen wächst man an ihnen, gemeinsam.

It was the loveliest party that I've ever attended
If anything was broken I'm sure it could be mended
My head can't tolerate this bobbing and pretending
Listen to some bullet-head and the madness that he's saying
This is where the party ends
I'll just sit here wondering how you
Can stand by your racist friend
I know politics bore you
But I feel like a hypocrite talking to you
You and your racist friend

 

Vielen Dank für den schönen Abend, Freunde.


*DOA = dead on arrival

Montag, 1. April 2024

So ist das Leben. Nostalgie und Zuversicht beim 32. FOFL.

 Hier sind die sieben Lieder des 32. FOFL, das kürzlich stattfand.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Eine kurze Satire über die Maßstäbe nach denen das (hier britische) Arbeitsamt Bewertungen von Tauglichkeit vornimmt. Menschen mit körperlichen oder geistigen Erkrankungen können in UK einen Antrag auf PIP stellen, einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten. Die Chancen stehen jedoch schlecht, wenn sie auf dem Amt an eine Shirley geraten. Ihre Bewertung lautet auch bei den härtesten Fällen: Fit for work!
Der Beat transportiert sehr schön die Wut über so viel Willkür.

David's brother died, but hey, everybody dies
Fit for work
Daniel doesn't speak, but with keyboards, who needs speech?
Fit for work
Roger's just left rehab, liquid handcuffs make him meaner
Fit for work
Rita's mind is scary, but her mind doesn't scare me
Fit for work, fit for work
Fit, fit, fit for work!
Shirley says she's serious, she surely can't be serious
Fit for work
 
Portugal the man - Feel it still (2017)
Du wirst älter, Du wirst Elternteil, Du bist nur noch zum Spaß ein Rebel. Aber Du fühlst es noch, es ist noch in Dir, auch wenn Dein Alltag nun anders aussieht. Es - der Kitzel, das aufregende Leben, früher, als noch alles drin war. Du vermisst es, aber das ist ok, Du bist bereits zu verzichten, für die Kinder. Vielleicht kommt es irgendwann zurück. Oder ist dieser Gedanke zu abwegig, "coming out of leftfield"?

Might be over now, but I feel it still
Got another mouth to feed
Leave her with a baby sitter, mama, call the grave digger
Gone with the fallen leaves
Am I coming out of left field?
Ooh woo, I'm a rebel just for kicks, now
I been feeling it since 1966, now
Might've had your fill, but you feel it still

Drei Frauen blicken in je einer Strophe zurück auf ihre Erfahrungen mit Typen, die sie früher einmal idealisiert haben, von deren idealistischem Gehabe - wahlweise ein Satanist, ein Anarchist und ein Nihilist - sie sich haben blenden lassen und für deren (hoffentlich bisschen) Anerkennung sie bereit waren, sich zu verbiegen. Den drei Strophen folgt ein hinterher schlaueres Fazit. Textlich top, musikalisch eher nahe "Teenage Dirtbag" zu verorten. Womöglich Absicht?

Will you be an anarchist with me?
Sleep in cars and kill the bourgeoisie
At least until you find out what a fake I am
Spray paint my initials on an ATM
I burn my cash and smash my old TV
(...)
You wonder if you can even be seen from so far away
A slow pull, a seismic drift
Leanin' over the edge of the continent
It's so hard to come back

Pelzige Libellen. Böse Bienen. Vögel in Not. Wo so viele Tiere sind, ist die Fabel nicht weit. Diese hier handelt von Krieg, weil der Himmel nicht groß genug für alle ist, von Umsturz auf schmutzigen Pfoten. "My head is an animal" lautet eine Zeile (nach der auch das Album benannt wurde) und es klingt nach einer Traumsequenz. Wohl nicht umsonst wurde das Lied in "The Secret Life of Walter Mitty", dem Film über einen exzessiv tagträumenden Archivar, verwendet.
 
They used to sing about the birds and the bees
The bees had declared a war
The sky wasn't big enough for them all
The birds, they got help from below
From dirty paws and the creatures of snow
La la la
So for a while, things were cold
They were scared down in their holes
The forest that once was green
Was colored black by those killing machines

 
Der Name ist Programm. Unzufrieden mit der Liedwahl des DJs (immer der Bestimmer), in dessen Händen Musik zu einer unkontrollierten, wilden Bestie wird, von der Joe sich terrorisiert fühlt, während er doch eigentlich lieber von sanften Klängen liebkost werden und dazu romantisch schwofen will, liefert er eben kurzerhand selbst, was er sich wünscht: einen slow song.

And we need the energy
If not the sympathy
But I'm brutalized by bass
And terrorized by treble
I'm open to change my mood but
I always get caught in the middle
And I get tired of DJs
Why is it always what he plays
I'm gonna push right through
I'm gonna tell him to
Play us a slow song

Man blickt nach vorne, man blickt zurück. Mit den besten Wünschen für ihre Zukunft wenden sich BBC liebevoll und zuversichtlich an ihre Kinder und reflektieren gleichzeitig über ihr eigenes jüngeres Selbst und darüber, wie man sich früher das Älterwerden vorgestellt hat. Schalte die Welt an. Sie wartet nicht auf Dich.

You always think you've blinked and missed it
On your last lap 'round the sun
I never felt so optimistic
Since the days when I was young
I'd dream of growing old
And all the things I thought I would have done
Turn the world on
You'll make a fine young man
You'll smooth it out, you'll see where I went wrong

Ein Hoch auf die öffentliche Bücherei, ein Tribut, ein Tusch! Immerhin wurde diese hier  - die Hamburger Zentralbibliothek am Hühnerposten 1 - von Wilhelm II. eingeweiht (naja, zumindest der Bau, damals noch ein Postamt). Die Ode weckte beim FOFL kurz Assoziationen mit  "In der Weihnachtsbäckerei", aber nun, bei Andreas Dorau ging es noch nie um die hohe Kunst der Komposition oder Poesie, sondern eher um die kleine Kunst, um Vergnüglichkeit. Zschopau, äh, Chapeau.

1900 entstand der gotische Bau
errichtet von Geheimrat Zschopau
Neben dem Bahnhof direkt an den Gleisen
diente er gleichwohl nicht dem Verreisen
Taschenbücher, Periodika,
Musik und DVDs - alles ist da
Noten, Filme, Lexika,

in der Leihbibliothek
Die Postbeamten zogen aus
und tausende Bücher kamen ins Haus.

Jeder Mensch kommt auf seine Koste
n
in der Bücherhalle am Hühnerposten


Happy reading! Happy listening! Der Frühling ist da.


Freitag, 12. Januar 2024

44 in 23

Gerade habe ich mein erstes Buch in diesem Jahr beendet, da überkam mich die Lust nach einem Rückblick auf das vergangene Lesejahr. Denn da waren Kracher dabei, die werden nicht vergessen werden! Also, das sage ich jetzt. Was mein Gehirn derzeit so anstellt, lässt mich so einige Zweifel haben. Umso angebrachter, die Lektüre von 2023 zu dokumentieren.

Von den im vergangenen Jahr gelesenen Büchern hatte ich für folgendes oberstes Sechstel (ohne Ranking) am meisten Bewunderung und Begeisterung:

Ali Smith - The first person and other stories
Rachel Cusk - Kudos
John Braine - Room at the top
Brigitte Reimann - Die Geschwister
Kurt Vonnegut - Mother Night
Anna Burns - Milkman
Maya Angelou – Singing & Swinging and Getting merry like Christmas

 
Hier hat einfach alles gestimmt. Ali Smith und Rachel Cusk sind große Inspiration. Angelou, Reimann und Vonnegut sind horizonterweiternd, Braine und Burns hochpsychologisch (und das ist als Kompliment gemeint!). Alle sind dabei bereichernd und unterhaltsam.

Hervorheben möchte ich auch folgende fünf Bücher, aus Gründen:

Außergewöhnlicher Schreibstil und fiese Realitäten: Elfriede Jellinek - Die Liebhaberinnen
Brillant und verwirrend: Samuel Beckett – Molloy
Monumental und unterbewertet: Goliard Sapienza - Die Kunst der Freude
Sezierend schön: Mavis Gallant - Blockstelle Pegnitz
In seiner Kürze berührend: Delphine de Vigan – Dankbarkeiten

Nicht überzeugt haben mich die Romane von Ohde und Bennett sowie die von Mohamed und French. Zu larmoyant, zu gewollt, zu simpel, zu vorhersehbar.

Hier die komplette Leseliste:

Ali Smith - The first person and other stories
Rachel Cusk - Transit
Claire Louise Bennett - Checkout 19
Ann Radcliffe - A Sicilian Romance
Goliards Sapienza - Die Kunst der Freude
Rachel Cusk - Kudos
Deniz Ohde - Streulicht
Jane Bowles - Two serious ladies
My pen is the wing of a bird - New fiction by Afghan women
Arno Geiger - Das glückliche Geheimnis
Gabriel Josipovici - Wohin gehst du, mein Leben?
Clarice Lispector - Aber es wird regnen
Mavis Gallant - Blockstelle Pegnitz
Will & Ian Ferguson - How to be a Canadian
Max Porter - Grief is the thing with feathers
Roald Dahl - The Great Automatic Grammatizator and Other Stories
Nadifa Mohamed - The Fortune Men
Owen Sheers - White Ravens
Nathanael West - The Day of the Locust
Robin Ince - Bibliomaniac
John Braine - Room at the top
Nancy Mitford - The Pursuit of Love
Delphine de Vigan - Dankbarkeiten
Sarah Waters - Fingersmith
Ernest Hemingway - Fiesta
Brigitte Reimann - Die Geschwister
Sarah Bakewell - Montaigne oder das Glück mit Büchern zu leben
Jack Kerouac - On the road
Muriel Spark - The Prime of Miss Jean Brodie
Samuel Beckett - Molloy
Elizabeth Strout - Oh, William!
Alice Munro - Zu viel Glück
Kurt Vonnegut - Mother Night
Elfriede Jellinek - Die Liebhaberinnen
Marie NDiaye - Self-portrait in green
Tana French - In the woods
Gianna Molinari - Hier ist noch alles möglich
Natalia Ginzburg - So ist es gewesen
Oscar Wilde - The Importance of Being Ernest
Anna Burns - Milkman
Italo Calvino - Marcovaldo oder die Jahreszeiten in der Stadt
M.L. Rio - If we were villains
Henriette Valet - Madame 60a
Maya Angelou – Singing & Swinging and Getting merry like Christmas


Ein schönes neues Lesejahr!
Eure Penjelly


Donnerstag, 21. Dezember 2023

Dem Ruin entkommen und Spaß haben - Das 31. FOFL

Kling Glöckchen klingelingeling.

Hier sind die fünf Lieder des 31. FOFL, das am vergangenen Wochenende stattfand.

[Links wie immer in den Titelzeilen]


Thema sind Rassismus und Ungerechtigkeit in einer brisanten Zeit der amerikanischen Geschichte. Als der Vietnamkrieg eskalierte und mit ihm eine Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters, da so viele junge Menschen in den Krieg geschickt wurden, ihnen aber die Teilnahme am politischen Prozess verwehrt blieb, wurde der Song zu einer Hippie-Hymne. Geschrieben hat sie einer der  Songwriter von Barry McGuire, gerade mal 19 Jahre alt, der behauptete, dass seine innere Stimme oder ein Dialog mit Gott die Inspiration gewesen sei. So ganz eindeutig war seine Aussage diesbezüglich nicht. Kurz: Er hörte Stimmen.

The Eastern world, it is explodin'
Violence flarin', bullets loadin'
You're old enough to kill but not for votin'
You don't believe in war, but what's that gun you're totin'?
And even the Jordan river has bodies floatin'
But you tell me
Over and over and over again, my friend
How you don't believe
We're on the eve of destruction
 
Man denkt bei uneindeutigen Texten wie diesen immer an wuschig machende Beziehungsprobleme. Meist geht es auch um welche, sie sind bloß nicht zwingend romantischer Art. James Murphy aka LCD Soundsystem hat Trennungsgedanken bezüglich seines Managers. FOFL Deja-Vu: Wir erinnern uns an „The Adults are talking“ von den Strokes (siehe hier). Lustigerweise hatten wir am Abend des damaligen FOFL auch ein Lied von LCD Soundsystem in der Runde. So schließt sich der Kreis. Es gibt kein Entkommen. 
(Aber LCD Soundsystem will man ja auch gar nicht entkommen, zu gut.)

It's time to get away
It's time to get away from you, uh-uh
You brought a lot of money
But me, I catch a tiny tummy
And you, you make me sleep
I tried and tried
But you're undermine me, uh-huh
And I start to be sensible (if you know what I mean)
And so it's time to get away

Ein lieblicher Text, eine süße Melodie, aber sehr viel Verlorenheit. Intimität ist nun mal eine ambivalente Angelegenheit. Zwischen Sinnsuche und Melancholie gibt es ein bisschen Ermutigung: Take Care, take heart, have fun. Es sind häufig die einzigen Ratschläge, mit denen man Traurigkeit beantworten kann. Es mag nach wenig klingen, aber wenn es eine Kleinigkeit wäre, wäre das Leben ja einfach.  

We should have a baby
And then I wouldn't feel quite so sad
Then I'd feel like Paul the Saint and not Jack the Lad
A baby that'll make me feel so very glad
I've had a life of booze, but that's all I've ever had
'Cause I'm the King of Misery
The Prince of the torn apart
And you're the lighthouse keeper
To the owner of a ship-wrecked heart

Auf dem gleichnamigen Album (das einen der FOFLer in der Jugend sehr geprägt hat) ist dieses grobe Klangexperiment umgeben von Liedern, die völlig anderer Natur sind, weich und gefühlvoll und melodiös. Wir kommen nicht los von der Frage, welche Wendung die Teenagerküsse, welche zu den sanften Tönen begannen, wohl genommen haben mögen, sobald die Klänge von Illegal dazwischen fuhren.
 
Ich glaub ich hab die Lampe an
Ich glaub ich krieg‘n Krampf im Darm
Ich glaub mich küsst der Kardinal
Da steht‘n armes Würstchen
Und wird brutal verknackt
Bloß weil er mit zwei Freunden
Die Klampfe ausgepackt
Und in der Innenstadt von Dortmund (Oder war? s Wuppertal)
Von Lust und Last sein Lied sang, als wäre es ganz normal
Doch dann kam der große Stempel: I-L-L-E-G-A- illegal
 
Die Geschichte eines irischen Paares, das nach Amerika einwandert, in der Hoffnung, in New York sein Glück zu finden. Das Lied spielt am Weihnachtsabend, an dem die beiden mittellos ihre Träume zerplatzt sehen und sich im Rausch gegenseitig beschuldigen und beleidigen.
Fun Fact: Kaum jemand wagte sich an ein Cover dieses Klassikers, außer: Bon Jovi. (Ausgerechnet!) Kam nicht gut an. Der Kommentar des britischen DJs Rob Smith:
"Es ist das Schlimmste, was der Musik je passiert ist, und ich schließe sowohl die Ermordung von John Lennon als auch die Solokarriere von Brian McFadden darin ein." Wie treffend. (I like!) 

They've got cars big as bars
They've got rivers of gold
But the wind goes right through you
It's no place for the old
When you first took my hand
On a cold Christmas Eve
You promised me
Broadway was waiting for me
You were handsome
You were pretty
Queen of New York City
When the band finished playing
They howled out for more
Sinatra was swinging
All the drunks they were singing
We kissed on a corner
Then danced through the night
The boys of the NYPD choir
Were singing Galway Bay
And the bells were ringing out
For Christmas day

 R.I.P Shane MacGowan



 

 

 

Frohe FOFLige Weihnachten wünscht Euch Penjelly!


Sonntag, 29. Oktober 2023

Narzissten, Aliens und Scheichs - Das 30. FOFL

 

Auch nach so vielen Abenden der fröhlichen Liedtextbesprechung gibt es noch immer Überraschungen, fällt endlich der ein oder andere Groschen und lernt man nicht aus.

Hier sind die sechs Lieder des 30. FOFL, das am vergangenen Samstag stattfand.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Genesis - Illegal alien (1983)
Das Leben als illegaler Einwanderer wird zu heiterer Melodie euphemistisch als "kein Spaß" beschrieben, es werden Clichés bedient (Tequila!) und als ob das nicht schlimm genug wäre, versucht Phil Collins einen mexikanischen Akzent zu imitieren.
 
Got out of bed, wasn't feeling too good
With my wallet and my passport, a new pair of shoes
The sun is shining so I head for the park,
With a bottle of Tequila, and a new pack of cigarettes (...)
Over the border, there lies the promised land
So don't tell anybody what I wanna do
If they find out you know that they'll never let me through.
It's no fun being an illegal alien 

 
Damon Albarn blickt in den Spiegel, zurück auf seinen früheren Drogenmissbrauch und die eigenen narzisstischen Tendenzen. In einer Welt, die zunehmend von Selbstversessenheit geprägt ist, in der Menschen sich durch mannigfaltige Filter präsentieren und selbst wahrnehmen, hofft er, diesen Tendenzen nun zu widerstehen und seine innere Ausgeglichenheit nicht mehr zu verlieren.

I took the acid
Under the white horses
My heart, it quickened
I could not tear myself away
Became addiction
If you see darkness, look away
I'm gonna shine a light in your eyes
You'll probably shine it back on me
But I won't fall this time
With Godspeed I'll heed the signs
 
Was passiert, wenn FOFL-Mitglieder Italienisch lernen und nach Jahren merken, dass Spliff nicht nur imitieren, sondern tatsächlich grammatikalisch korrekt, wenn auch etwas zusammenhanglos in italiano texten? Sie teilen den Aha-Moment mit der Runde, wie es sich gehört. Nun wissen wir vom Techtelmechtel (tecco mecco!), von den Küssen der warmen Sonne und vom großen Gefühl im Land der Zitronen.

Io voglio viaggiare in Italia
In paese dei limoni
Brigade Rosse e la mafia
Cacciano sulla Strada del Sol
L′istruzione della Lira
Gelati Motta con brio
Tecco mecco con ragazza
Ecco, la mamma di amore mio
Sentimento grandioso per Italia
Baciato da sole calda

Klassischer FOFL-Fall: Man kennt das Lied ewig, hat früher den Text nur halb verstanden und später nicht mehr richtig hingehört. Zumindest ich habe nie "Shareeheeheef" verstanden, mir aber auch nicht die Mühe gemacht. Shareef jedenfalls mag keinen Boogie und verbietet ihn im Namen des Propheten. Hinter seinem Rücken aber jammen Scheich, Muezzin und Beduine und die Tempelband spielt Dave Brubeck.

Now over at the temple
Oh, they really pack 'em in
The in-crowd say it's cool
To dig this chanting thing
But as the wind changed direction
And the temple band took five
The crowd caught a whiff
Of that crazy Casbah jive
Sharif don't like it
Rockin' the Casbah
Rock the Casbah

Da dachte man immer: so ein trauriger Text. Die Klage eines Verlassenen, eines unglücklich Verliebten, der love fühlt, nicht friend. Die Zweideutigkeit, die sich daraus ergibt, dass four-letter-word ein Platzhalter für eine anstößige Beleidigung bzw. einen derben Fluch ist, wurde von den meisten FOFLern bisher romantisch ausgeblendet. Englischsprachige Schimpfworte sind nun mal kurz und schmerzhaft (p1ss, f*ck, tvvat). Manchmal ist die Liebe das eben auch.
 
When I go fishing
for the words
I am wishing you would say to me
I am really only praying that
The words you'll soon be saying
Might betray
The way you feel about me
But to me
Coming from you
Friend is a four letter word
 
Zum Abschluss ein Text, der wenig Sinn, aber umso mehr Referenzen aufweist. Ein Zitate-Potpourri der (Pop)kultur, quasi. Ein Lyrics-Quiz mit janz viel Berlin drin. Viel Spaß.
 
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Wer sagt dir wo die Blumen sind?
Sag' wer hat an der Uhr gedreht
Und dann die Jolle pur gedreht?
Wer entertained den letzten Rest
Selbst da wo nicht mal Pfeffer wächst? (...)
Icke!
Nicht du, ne icke
Wer hat die Kokosnuss geklaut
Und mit 'nem Sturmgewehr geknackt?
Wer trägt ein Kleid aus Menschenhaut
Und ist darunter völlig nackt?
Wer packt die Badehose ein?
Wer ist so schön auch wenn sie weint?
Wer hat die ganze Welt gesehen
Von der Havel bis zur Spree?

Foflige Herbstgrüße,

Eure Penjelly

Mittwoch, 9. August 2023

Dada & ba ba ba - Das 29. FOFL

Fühlte mich heute so dadaistisch und hab mit Sätzen gespielt.

Aus acht Liedtexten ist dieses Dada-Gedicht entstanden:

-

Love inspiration is a message on a wing

If our love died would that be the worst thing?

I see my red head, messed bed, tear shed, queen bee, my squeeze

A jeder is so wia'ra is und koana sagt dass einfach is

Beim zweiten Himbeereis sagt man sich Du

and there were more than one or two

Ist das so, ich meine muss das so?

On the National Express - Let's go!

-

Kam zustande als ich mich darum drückte, mir zu jedem Liedtext etwas einfallen zu lassen, beziehungsweise unseren Diskurs zusammenzufassen. Frage mich jetzt, ob Dadaisten einfach auch faul waren.

Hier sind die acht Lieder des 29. FOFL, das am vergangenen Samstag stattfand.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Spandau Ballet - Communication (1983)
Text klingt mit Musik weniger schwermütig als selbstironisch. Und dann dieses herrliche 80er Jahre Zeitkolorit: Fernschreiben und Wählscheibe!
 
I'm sitting here, waiting by the telephone
Waiting for the bell to ring
Short change, fumble
Dial-a-heart trouble
And I ain't got time for searching through the rubble, oh no
Well, I know-oh-oh-oh-oh-oh-oh
Communication let me down
And I'm left here. 

 
Elvis hat's verkackt. Hochmut kommt vor dem Fall. Aber Einsicht ist der erste Schritt und so... Das macht manchen Fehler am Ende genial.

He thought he was the King of America
Where they pour Coca Cola just like vintage wine
Now I try hard not to become hysterical
But I'm not sure if I am laughing or crying
I wish that I could push a button
And talk in the past and not the present tense
And watch this hurtin' feeling disappear
Like it was common sense
It was a fine idea at the time
Now it's a brilliant mistake
 
Noch mehr Einsicht... Hier in Form von sympathischer Selbstreflektion gepaart mit gesunder Selbstaffirmation. Mei so isser.

Bissal Glück, bissal Pech, I hob Zeit, manchmal ned, mei so bin i
I kimm z´spad, i bin müd, i hob Angst hock in meim Keller, trotzdem kimm i
Mach ma Sorgen über Morgen denk z´fui nach und kunn ned so guad vergessen. Deng a di, deng an mi, deng an uns und denk ganz schee oft ans Essen
Und trotzdem is da Himmel blau a wen i manchmoi zwieder schau, soo blau.
Und zum Glück ham ma a Leb´n lang Zeit bis s´Leben uns mit uns selber g´freid.
A Jeder is so wia´ra is und koana sagt das einfach is

Auch Paloma sieht ein. Und zwar, dass das Ende einer toxischen Beziehung mit einem chauvinisten Anhänger des Patriarchats gar nicht mal so schlecht wäre.

The calloused skin on my hands is cracking
If our love ends, would that be a bad thing?
And the silence haunts our bed chamber
You make me do too much labour
All day, every day, therapist, mother, maid
Nymph then a virgin, nurse then a servant
Just an appendage, live to attend him
So that he never lifts a finger
24-7, baby machine
So he can live out his picket fence dreams

Gehörnter oder durchdrehender "Fatzke" (stuffed shirt) richtet ein Blutbad an. Ob an sich oder seiner Frau, ob im Kopf oder in echt, wer zur Hölle weiß das schon?
 
I see my red head, messed bed, tear shed, queen bee, my squeeze
The stage it smells, tells
Hell's bells, miss-spells, knocks me on my knees
It didn't hurt, flirt, blood squirt, stuffed shirt, hang me on a tree
After I count down three rounds, in Hell I'll be in good company
Dead love couldn't go no further
Proud of, and disgusted by her
Push, shove, a little bruised and battered
Oh Lord, I ain't coming home with you
 
Judith Holofernes mag Wortspiele und ist bestimmt keine faule Dadaistin, sondern bekennende Rhetorikerin. Nach eigener Aussage ist ihr Dekan der gute Declan.
 
Ihr könnt so lange, wie ihr wollt, mit euren Regeln wedeln,
Solange Regeln in der Regel nur den Redner edeln.
Verflucht ihr weiter nur den Wind in euren trägen Segeln
Ihr könnt so weit ich weiß noch nicht einmal den Regen Pegeln.
Wer hat das abgestimmt? Wer hat das vorgeschlagen?
Ich glaub es stimmt bestimmt, aber ich wollte doch mal fragen:
Ist das so, ich meine muss das so?
Ist das so, oder ist es vielleicht viel leichter?

Warnhinweis: Anhören kann zu tagelangem "ba ba ba da ba da ba da" führen. Aber auch zu viel Lächeln und beschwingten Schritten. Göttlich eben.

Take the National Express when your life's in a mess
It'll make you smile
All human life is here
From the feeble old dear to the screaming child
From the student who knows that to have one of those
Would be suicide
To the family man
Manhandling the pram with paternal pride
And everybody sings, "Ba-ba-ba-da"
We're going where the air is free

Das 90 Jahre alte Gedicht von Mascha Kaléko klingt noch immer jung und frisch und wurde jüngst frisch vertont. Inklusive 30er Jahre Zeitkolorit: Weekendfahrt und Stenograph!
 
Man trifft sich im Gewühl der Großstadtstraßen
Zu Hause geht es nicht. Man wohnt möbliert
- Durch das Gewirr von Lärm und Autorasen
- Vorbei am Klatsch der Tanten und der Basen
Geht man zu Zweien still und unberührt
Man küsst sich dann und wann auf stillen Bänken,
- Beziehungsweise auf dem Paddelboot
Erotik muss auf Sonntag sich beschränken
... Wer denkt daran, an später noch zu denken?
Man spricht konkret und wird nur selten rot

 

Wer alle Sätze des obigen Dada-Gedichts den jeweiligen Liedern korrekt zuordnen kann gewinnt. Aber nur an Einsicht.

Eure Penjelly

Sonntag, 9. Juli 2023

Vor vierzig Jahren... - Das 28. FOFL

Der FOFL-Abend stand unter dem Motto der 80er Jahre: Plädoyers, Parodien und Proteste!

Erstaunlich wie viele Themen nach vier Jahrzehnten immer noch oder wieder brandaktuell sind...
Das letzte FOFL vor der Sommerpause fand bereits vor Wochen statt. Aber weil Sommerpause Urlaub bedeutet, bin ich gleich danach aufgebrochen. Und weil mein Erinnerungsvermögen mit Ereignissen, die wochenlang zurückliegen, nicht mehr so gut klar kommt, fällt das verspätete Protokoll kurz aus wie eine Sommerhose.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Gorilla Biscuits - Cats and dogs (1989)
Ein Plädoyer für Vegetarismus und Tierschutz als Weltanschauung.
 
Compassion is for all living things and not
Just the ones who are cute
So I do what I can. I wanna save lives and I've got a plan.
Under the table he'll eat your dinner like
The veggies we can't stand.
What kind of meal would he make?
We don't want to ask it.
Tradition is all that keeps hima live.
Listen up, I gotta ask it, how can we be so cruel?
You say you care, that's a lie. 

 
Ein Plädoyer für Menschenrechte und den Menschenrechtler.

21 years in captivity
Shoes too small to fit his feet
His body abused but his mind is still free
Are you so blind that you cannot see? I say
Free Nelson Mandela, I'm begging you
Free Nelson Mandela
Visited the causes at the AMC
Only one man in a large army
Are you so blind that you cannot see?
Are you so deaf that you cannot hear his plea?
Free Nelson Mandela, I'm begging you
 
Ein Plädoyer für atomare Abrüstung in Zeiten des Kalten Kriegs.

Living through another Cuba
It's 1961 again and we are piggy in the middle
While war is polishing his drum and peace plays second fiddle
Russia and America are at each other's throats
But don't you cry
Just on your knees and pray, and while you're
Down there, kiss your arse goodbye
We're the bulldog on the fence
While others play their tennis overhead

Ein Protestsong gegen die Flüchtlings- und Konsumpolitik.
(Hier hatte ein FOFL-Mitglied das Motto vergessen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Lied von 2006 ist und das referenzierte Original von 1955, könnte man sagen, dass die 80er zumindest genau dazwischen liegen.)

Ja, für eine Fahrt an’s Mittelmeer, Mittelmeer, Mittelmeer
Gäb’ ich meine letzten Mittel her, Mittel her, Mittel her
Und es zieht mich weil ich dringend muss, dringend muss, dringend muss
Immer über den Bosporus, Bosporus, Bosporus
Über euer Scheiß Mittelmeer
Käm’ ich, wenn ich ein Turnschuh wär
Oder als Flachbild-Scheiß
Ich hätte wenigstens ein’ Preis
Es gäb’ für uns kein Halten mehr
Wir kämen immer nur schneller her
Ich seh’ die Waren zieh’n, ohne zu flieh’n gehen sie an Land

Ein Protestsong gegen die Misshandlung politischer Dissidenten in der Sowjetunion zu dieser Zeit.
 
They must know by now I'm in here trembling
In a terror ever growing
Crackin' up
My whole world is falling, going crazy
There is no escaping, now I'm
Crackin' up
These walls have witnessed all the anguish of humiliation
And seen the hope of freedom glow in shining faces
And now they've come to take me, come to break me
And yet it isn't unexpected
I have been waiting for these visitors, help me
 
Eine Kritik an der (christlichen) Herablassung gegenüber ethnischen Religionen. (Glashaus, Steine und so.)
 
They're searching for something
Something to believe in,
Their convictions
Blood effusion
Is it a crime
Their convictions
Self-destruction
At the right time
Their convictions
Exploitation
Under the sigh
It's gonna be more
It's gonna be war
It's gonna be,
Who's the god
Who's the dog

Joachim Witt - Mein Schatten (1980)
Eine Parodie auf den Überwachungsstaat und seine Denunzianten.

In deiner Menschenkartei sind manche nie,
doch sonst sind alle dabei und keiner weiss es
Am Strand von St. Tropez bist Du genauso wie am Starnberger See, nie zu sehen
Du sitzt hinterm Fenster und machst Knips-Knips-Knips
Versuchst mich zu haschen mit dem Kamera-Schlitz
Erwischst mich beim Küssen zur Kirschblütenzeit
Und du reckst Dich
Na, na, na, Du Bandit, Du
Du denunzierst mich - ich bezahl Dich dafür
Denn Du bist vom Staat, und ich bin das Tier
Und fühl´ mich genauso, wie die Tiere im Zoo
Und ich parier nicht und Du kapierst nicht

Und diese ganzen Ereignisse der 80er Jahre konnten einem auch einfach mal zu viel werden...
 
Leonid will mich sehen, Birne gibt ein Bankett
Die Stones spielen vorm Haus und das Heer tanzt Ballett
Mich kann heut' nichts reizen, jede Action wäre Stress
Ronnie ist am Telefon, ich bleib' im Bett
Ich bleib' im Bett, jaja
Ich bleib' im Bett
Die Welt ist so hektisch und im Bett ist es so nett
Ich bleib' zu Hause, ich bleib' im Bett

 

Bis schon ganz bald,

Eure Penjelly

Sonntag, 16. April 2023

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen - Das 27. FOFL

Zum Glück gibt es an Karfreitag nur Tanzverbot und kein FOFL-Verbot. Es fand also zum 27. mal statt und zum ersten Mal konnte ich dabei aus meinem FOFL-Glas trinken! Habe ich neulich, als ich alt geworden bin, geschenkt bekommen :) 
Das diesmalige FOFL war ein bisschen belgisch, ein bisschen gesund, ein bisschen tragisch.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Vampire Weekend - Cape Cod Kwassa Kwassa (2008)
Kwassa Kwassa ist ein 80er Jahre-Tanz aus Kinshasa (Kongo, einst belgisch), bei dem viel mit den Hüften gearbeitet wird. Kwassa Kwassa leitet sich wohl von quoi ca? ab, bedeutet also: Wat is dat?. Trotz des bewegenden Beats kommt man in dem Lied nicht recht in Stimmung, obwohl es eigentlich zur Sache gehen sollte. Dem Protagonisten scheint alles nicht ganz echt vorzukommen, vielleicht ein Clash of Cultures oder Clash of Classes. So tänzelt man umeinander rum, kwassa kwassa, aber ob sie es letztendlich tun oder nicht, bleibt offen.
 
Is your bed made?
Is your sweater on?
Do you want to f*ck?
Like you know I do
Like you know I do, ooh, ooh, ooh, ooh, ooh, ooh
But this feels so unnatural
Peter Gabriel too
Can you stay up to see the dawn
In the colors of Benetton? 

 
Ein Hoch auf die, welche arbeiten müssen, während die anderen feiern - auf das Servicepersonal, die Dienstleister, auf jene, die harte Jobs für wenig Geld machen, Schichten schieben und oft behandelt werden wie Fußabtreter. Stromae möchte sowohl auf diese Menschen anstoßen und die Aufmerksamkeit richten, als auch zu mehr Respekt ihnen gegenüber auffordern.

Rosa, rosa
Quand on fout le bordel, tu nettoies
Et toi, Albert
Quand on trinque, tu ramasses les verres
Céline, bataire
Toi, tu t'prends des vestes au vestiaire
Arlette, arrête
Toi la fête tu la passes aux toilettes
Et si on célébrait ceux qui ne célèbrent pas
Pour une fois, j'aimerais lever mon verre à ceux qui n'en ont pas
À ceux qui n'en ont pas
 
Das Leben ist kurz und die Einschläge kommen näher. Oder die schwarzen Löcher.  Darin verschwinden Menschen und irgendwann auch du. Das Leben mag nicht einfach sein, aber das ist kein Grund, verfrüht aufzugeben. Das Odd Couple tröstet nicht mit einem Leben nach dem Tod, im Gegenteil.  Der Dübelmann schlägt Dübel in die Wand. Ein Weckruf.

Das Leben ist nicht wie im Film
Nicht so schön und nicht so schlimm
Doch was du erlebst bestimmt
Bestimmt bestimmt bestimmt
Für manche ist es wie ein Film
Wirklich schön und wirklich schlimm
Dein inneres Kind bestimmt
Ob du an der Decke hängst
All diese schwarzen Löcher schliessen sich nicht
Sie dehnen sich nur aus (...)
Leben vor dem Tod?
Hängst du noch oder lebst du schon?

Glück im Spiel, Pech in der Liebe? Nick hat kein Glück in der Liebe und spricht von ihr metaphorisch als ein Spiel mit Karten, das er nicht beherrscht. Spielen heißt miteinander und gegeneinander. Wird die Liebe bloß als Spiel betrachtet, kann es kein einander (lieben) geben. Dann geht es nur darum, die Oberhand zu behalten, um Macht. Nick hat die Nase voll davon und will nicht mehr mitspielen.

I don't know how to play hearts, and I don't know how to play gin
Every game that partners play I never seem to win
So take your deck of cards and fold them all away
you're passin' time with parlor rhymes and emotional decay
Don't you deal me a hand
I'll never, never play again
'cause playing with you, you always play to win
I don't want to go out and I can't stand bein' in
every gamble game I see seems like another way to sin

Am 6.8.1945 wurde von dem B-29-Bomber Enola Gay die erste Atombombe, die bis dato in einem Konflikt zum Einsatz kam, auf Hiroshima abgeworfen. Der Pilot hieß Colonel Tibbets und hatte die Maschine nach seiner Mutter benannt. Muss man alles wissen, um sich einen Reim auf den Text zu machen. Ein bisschen Bibelwissen schadet noch dazu auch nicht. Was wäre wenn - man sich mal nichts schönredet?
 
All for the good and ultimately
Saving precious lives in longer run
Set a course for home and happy holidays
Tell yourselves thank God what's done is done
Mrs Tibbets' little boy
August morning silence breaks
Eyes to Heaven, Manhattan toy
Drops in for tea and Eccles cake
Maybe if Lot had stopped and stood his ground
And maybe if Peter hadn't turned away
What if that Judas stole no kiss?
What if, what if, Enola Gay?
 
Ein Lied über Gemüse. Honi soit qui mal y pense? In Zeiten von zweideutigen Auberginen rechnet man mit allem, selbst bei einem 55 Jahre alten Lied (ist sogar älter als ich!). Es mögen sicher auch Drogen im Spiel gewesen sein, aber die Gesundheit ist ein wichtiger Teil der spirituellen Erleuchtung und Brian Willson war besessen von guter Ernährung und Bionahrung und sah sich auf einer Mission.
 
I'm gonna be round my vegetables
I'm gonna chow down my vegetables
I love you most of all
My favorite vege-table
If you brought a big brown bag of them home
I'd jump up and down and hope you'd toss me a carrot
I'm gonna keep well my vegetables
Cart off and sell my vegetables

Noch ein Lied darüber, dass es schöner ist zu feiern, als zu arbeiten, denn: Arbeit nervt. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Und das ist auch gut so, denn heute ist Sonntag und ich will noch chillen, bevor ich morgen wieder wohin muss? Richtig...
 
Priester, Putzfrauen, Pizzabäcker, Proktologen
Wollen lieber popeln, pöbeln, prügeln, pogen
Lehrer, Kellner, Gärtner, Bänker, Broker, Richter
Sehnen sich nach Druckbetankung durch den Trichter
Seelenklempner, Viehbefruchter, Astronauten
Würden gern im Weltraum schunkeln, schwofen, saufen
Profikicker, Paparazzi, Taxifahrer
Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers
Arbeit nervt, Yeah, Yeah, Yeah, Yeah, Yeah, Yeah


   Prost!