Samstag, 23. November 2024

Das 37. FOFL - Soziolektdefekt

Am heutigen Tage, da ich endlich das Protkoll schreibe, ist das 37. FOFL genau drei Wochen her und sind es genau drei Wochen bis zum nächsten FOFL. Verrückt, was? Als hätte ich es geplant.... Hab ich natürlich nicht, ich bin einfach nur unglaublich wichtig und vielbeschäftigt (=verhindert und unorganisiert) und hab keine Zeit gefunden. Schließlich will der FOFL-Kalender für 2025 fertiggestellt werden. Der wird wieder super!

Motto gab es dieses Mal keines, dafür eine neue Teilnehmerin, hurra. Und wir wissen zwar, dass man beim FOFL immer was lernt, aber dieses Mal waren es gleich ganz neue Wörter. Lost in Soziolekt statt Lost in Translation, mal was anderes.

[Links wie immer in den Titelzeilen] 


Da gibt es einiges, was man heute so nicht mehr sagen würde, sei es aus historischen Gründen, Gründen des Respekts oder einfach aus Gründen (Affenzahn war schon immer ein blödes Wort). Aber es ist schön, wie einen der Text mitnimmt in eine andere Ära, wie man sich mit Tempo und allen Sinnen durch ein Berlin bewegt, das es so nicht mehr gibt. Man sieht, riecht, hört und schmeckt. Und tanzt am Ende im Dschungel wie einst David Bowie. Berlin, Berlin, Berlin, Berlin.

Bahnhof Zoo, mein Zug fährt ein
Ich steig aus, gut wieder da zu sein
Zur U-Bahn runter, am Alkohol vorbei
Richtung Kreuzberg, die Fahrt ist frei
Cottbuser Tor, ich spring vom Zug
Zwei Kontrolleure ahnen Betrug
Im Affenzahn die Rolltreppe rauf
Zwei Türken halten die Beamten auf
Oranienstraße, hier lebt der Koran
Dahinten fängt die Mauer an
Mariannenplatz rot verschrien
Ich fühl' mich gut, ich steh' auf Berlin

Waltet ein Despot im Wahn? Wird eine Stadt dem Erdboden gleich gemacht? Wer tut wem Gewalt an? Es gab ein paar Vermutungen dazu wo wir sind und warum es brennt, bevor es uns wie Asche von den Augen fiel: Pompeji. Wer einmal dort war und die "Gipsleichen" (Abgüsse der unter der meterhohen vulkanischen Asche erstickten Menschen) gesehen hat, den wird dieser Text nicht kalt lassen...

Water was running, children were running
We found you hiding, we found you lying
Your city lies in dust, my friend
Whoa, oh, your city lies in dust, my friend
Hot and burning in your nostrils
Pouring down your gaping mouth
Your molten bodies, blanket of cinders
Caught in the throes, and
Whoa, oh, your city lies in dust, my friend

Lieblich kommt das Lied daher, aber verstörend ist sein Text. Liebe kann einem die Kehle zuschnüren. Manchen schon beim kleinen Zusatz "ewig", anderen erst, wenn sie toxisch geworden ist. Die Grenze zwischen Leidenschaft und Bessenheit ist manchmal schwer auszumachen - bis sie dann überschritten ist. Der englische Ausdruck „Birds of a feather flock together“ bedeutet, dass Wesen ähnlicher Art und Persönlichkeit dazu neigen, sich zu vereinen. Es ist ein ungesundes "untrennbar vereint", das Billie hier besingt.

Say you don't see it, your mind's polluted
Say you wanna quit, don't be stupid
And I don't know what I'm crying for
I don't think I could love you more
Might not be long, but baby, I
Don't wanna say goodbye
Birds of a feather, we should stick together, I know ('til the day that I die)
I said I'd never think I wasn't better alone ('til the light leaves my eyes)
Can't change the weather, might not be forever ('til the day that I die)
But if it's forever, it's even better

Ich hatte Maximum Verständnisschwierigkeiten, aber ich war damit nicht allein (80% der Teilnehmer wurden vor der Jahrtausendwende geboren) und zum Glück wurde ein Glossar mitgeliefert, um überhaupt irgendeine Form von Hermeneutik zu ermöglichen. Wir scheiterten nicht etwa an dem häufig bemühten Stilmittel des Vergleichs (wie, wie, wie) sondern an einem (zeit)alterbedingten Soziolektdefekt. (Wo ist der Affenzahn geblieben?) Aber wenn man dann verstanden hat - dem Glossar und den 20% die jenseits der Jahrtausendwende geboren wurden sei Dank - dann ist's super.

Lak, shu? Baby, ich hab' Maximum Rizz
Ich bin nicht ihr Fitnesstrainer, trotzdem mach' ich sie fit
Aggu, sie hat mich heiß gemacht wie ein Herd
Ich bin wie ein alter Streit, denn sie hat mich geklärt
Trage Cowboy-Boots und Crop-Top, laufe rum wie ein Weltstar
Bin seit 20-2-2 in aller Munde wie Elf Bars
Çüş, ich geb' mir an der Ecke die Kante
Spiel' kein Kicker in der Kneipe, aber treff' da die Bande (mwuah)...
Dicka, jetzt ma' ernst, wenn 'ne Atzin sich beschwert
Dass du sie hardcore nervst, ich schwör', dann machst du was verkehrt
Denn egal, wo man verkehrt, scheißegal, wie man verballert ist
Flirten ist so geil, doch ist nur geil, wenn's geil für alle ist

Beyonce feat. Kendrick Lamar - Freedom (2016)
Ein kraftvoller Text über innere Stärke und eine hymnenhaften Melodie. Das Lied erfuhr im US-Wahlkampf ein Revival (und eine 1300%-ige Streaming-Steigerung), nachdem Beyonce Kamala Harris gestattet hatte, es für ihre Präsidentschaftskampagne zzu verwenden. Geholfen hat es leider nicht, wie wir wenige Tage nach der FOFL-Nacht erleben mussten. Man kann nur hoffen, dass das Lied und sein mutmachender Text der Hälfte der amerikanischen Bevölkerung helfen möge, in den kommenden vier Jahren nicht zu verzagen.

Freedom Freedom
I can't move
Freedom, cut me loose
Singin', Freedom Freedom
Where are you?
'Cause I need freedom, too
I break chains all by myself
Won't let my freedom rot in hell
Hey! I'ma keep running
'Cause a winner don't quit on themselves
I'ma wade, I'ma wave through the waters
Tell the tide, "Don't move"
I'ma riot, I'ma riot through your borders
Call me bulletproof
Lord forgive me, I've been runnin'
Runnin' blind in truth

Wer kennt wen? Das war ein soziales Netzwerk (schon vor 10 Jahren abgeschaltet), bei dem es darum ging, bestehende Verbindungen unter den Teilnehmenden transparent zu machen. Anders in diesem Text: Man geht mit eher schwammig anmutenden Connections hausieren (wortwörtlich) und sammelt vermeintliche Kontakte wie Panini-Klebebildchen, um der große Held im Feld zu sein. Man kennt alles und jeden, aber wahrscheinlich niemanden so ganz in echt. Wieder bewegen wir uns durch Berlin, durch die Nacht und durch Clubs, 30 Jahre nach Ideal, Iggy und David. Die Stimmung ist eine ganz andere.

Ey, n Freund von mir wohnt in ner Wohnung
Da hat Iggy Pop früher drin gewohnt
Und dann kenn ich noch n Typen dessen Schwester
Hat mit David Bowie Hasch geraucht
Ey, kennst du den Club, wo alle hingehen
Ich kenn den DJ, der freut sich wie n Schnitzel
Wenn wir vorbeikommen und dann bei ihm abhängen
Lass uns die Nacht verbringen, Freundchen, das wird spitze
Denn ich kenn da ein, ich kenn da ein, ich kenn da ein
Ich kenn da ein, der bringt uns beide rein
Ey, ich kenn da einen da könnt ich kotzen
Der kennt so viele, die kenn noch nicht mal ich
Und er tut so als wär es ihm egal
Und wenn er mich sieht dann grüßt er meistens nicht


Übrigens geht mir das Lied von Ski Aggu seit drei Wochen nicht ausm Kopf. Lak shuuuuuuuuu.

Bis bald,

Eure Penjelly

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