Montag, 21. Dezember 2020

Fünfzehn FOFLs....

 ...gab es nun schon!

Und wenn ich mir unsere letzte Diskussion vor Augen führe, denke ich: Wir werden immer besser. Ich meine nicht was unsere Erkenntnisse anbelangt, da gibt es kein einfaches richtig oder falsch. Jeder kann etwas anderes in einem Text lesen, in einem Lied fühlen oder aus einer Stimme heraushören. Deswegen diskutiert man letztendlich. Zu den üblichen Fragen ("Um was geht es? Was ist damit gemeint? Ist das eine Metapher?") hätten das letzte Wort nur die Künstler, sofern sie sich denn äußern wollen. Manchmal tun sie das auch (wenn auch nicht persönlich, ha) und dann widersprechen wir nicht.
Ich meine aber, wir werden besser in unserer Vorgehensweise, dem gegenseitigen Anregen, der einzigartigen FOFL-Hermeneutik! So zumindest mein Empfinden, mag sein, dass die anderen FOFLer nun die Hände über Augen und Ohren zusammenschlagen würden. Es war jedenfall ein sehr einträchtiges FOFL zum Abschluss dieses eher beeinträchtigenden Jahres.

[Links zu den Liedern wie immer in den Titelzeilen]
 

Half Moon Run - Full circle (2012)
Das lyrische Ich in diesem Lied der Kanadier muss hilflos mit ansehen, wie Drogen Besitz von einem Freund ergreifen. Vielleicht auch von mehreren Freunden, vielleicht geht es in jeder Strophe um einen anderen, auf jeden Fall sind es unterschiedliche Drogen. Vielleicht bezieht sich der Titel "full circle" darauf, dass der ganze Freundeskreis Drogen nimmt. Nein, Spaß beiseite, ist nicht angebracht bei diesem traurigen Lied und der Ernsthaftigkeit des Themas. Es ist vielmehr ein Kopf der sich hier "full circle" dreht und dieses Bild assoziiert man unweigerlich mit dem Film "Der Exorzist". Nur das hier niemand vom Teufel, sondern eben von Drogen besessen und nicht mehr er selbst ist. Zur Austreibung und zum Schutz würde man ihn am liebsten einmauern:

You appear even tempered though your looks will deceive,
and the sparks are always flying cause you drink for relief.
With the heart of a child and the wit of a fool,
it's a wonder why I don't try to build a wall around you
When I watch as your head turns full circle

Die Bar, ein ambivalenter Ort - des Absturzes, des Ertränkens von Kummer, aber auch der Zuflucht und des Trostes. Das Lied mag eine Würdigung der Bar an sich sein oder aber auch die Bar als Traumort oder Metapher benutzen, um über die Geschichten, die das Leben schreibt, zu philosophieren. In den einzelnen Strophen werden verschiedene Szenarien und Typen geschildert. Jeder ist wilkommen, aber mit jedem wird auch abgerechnet; mit der Mutter, dem Exfreund, mit Freunden und Veteranen und auch mit sich selbst. Das klingt mal mehr, mal weniger wohlwollend, meistens jedoch sarkastisch und melancholisch.
 
I opened a bar for my boyfriend
The one who always held my hand
In public places when we drank
For him to wonderfully spend the night
With his new lover
The whispering of romance
That they can't write or understand
I will start a clever hashtag trend
Oh we mostly grow by dying

Arcade Fire - Reflektor (2013) 
Es glitzert, dieses Lied, man tanzt unter der Discokugel. Bei diesem Dance Hit bekamen Arcade Fire, ebenfalls aus Kanada, Unterstützung sowohl von LCD Soundsystem als auch von David Bowie, einem erklärten Fan der Band. Der drückte bei einem Spontanbesuch im Studio seine Begeisterung für den Song aus und "durfte" direkt ein paar Backvocals einsingen. Um Disco geht es wider Erwarten jedoch gar nicht, sondern um die Sehnsucht, hinter die Dinge blicken zu können, die Bedeutung von Worten oder Taten zu verstehen, um nicht schon dort zu scheitern, wo nur oberflächlich etwas zurückgeworfen wird, ohne dass man den Grund dafür erkennen kann. Weniger Schein, mehr Sein. Die Sehnsucht nach wahrere Verbindung. So in etwa unsere Interpretation. Ob der Text autobiographische Züge des Sängerpaars trägt, darüber lässt sich spekulieren.

I thought, I found a way to enter - It's just a reflektor 
I thought I found the connector - It's just a reflektor
Now the signals we send, are deflected again
We're still connected, but are we even friends?
We fell in love when I was nineteen
And now we're staring at a screen
Entre la nuit, la nuit et l'aurore
 
Eine kleine Geschichte wird hier erzählt, über verpasste Gelegenheiten und verlorene Liebe. Ein selbstmitleidloser Rückblick auf das eigene Leben, ein ironischer Ausblick auf dessen Ende. Dieser eine entscheidende Moment im Leben, er kam zur falschen Zeit und führte so zu einer auf ewig bereuten Entscheidung. Ein einsames Herz singt hier, das dennoch, so scheint es, seinen Frieden gemacht hat mit dem Lauf der Dinge. Eine kleine Geschichte aus dem echten Leben, die Lumineers-Sänger Wesley Schulz von einer Taxifahrerin erzählt bekam und die ihn zu diesem bewegenden Lied inspirierte.
 
But I was sad you asked it, as I laid in a black dress
with my father in the casket, I had no plans
And I left the footprints, the mud stain on the carpet.
And it hardened like my heart did when you left town.
But I must admit it, that I would marry you in an instant
Damn your wife, I'd be your mistress just to have you around
But I was late for this, late for that, late for the love of my life
And when I die alone, when I die alone, die I'll be on time

Und jetzt alle: Oh yes he is! Oh yes he is! Ein Lied zum Mitsingen, mit schmissigem Refrain. Aber: Hier haben wir es sowohl mit einer augenzwinkernden Karikatur der Fashion Victims der Londoner sechziger Jahre als auch möglicherweise mit einem Tribut an die Modemeile Carnaby Street zu tun. Und in genau dem Naturdoku-Stil, den mein letzter Satz hatte, werden hier die Swinging Sixties besungen, kultiviert, distinguiert, kariert. Oder gepunktet. Oder auch gestreift. Je nach Modetrend eben.

Everywhere the Carnabetian army marches on
Each one a dedicated follower of fashion
Oh yes he is, oh yes he is
His world is built round discotheques and parties
This pleasure-seeking individual always looks his best
'Cause he's dedicated follower of fashion

Hubbabubbaklubb - Mopedbart (2018) 
Eine klassische FOFL-Triebfeder ist mangelndes Verständnisses eines Textes. Und wo könnte der Mangel größer sein als bei einer Sprache, die man nicht spricht? So ein lässiger Song, aber was singen die da bloß und welche Sprache zur Hölle ist das? Norwegisch, in diesem Fall. Man kann die Mood des Cruisens allerdings schon in Melodie und Tonfall fühlen, bevor man sich die Worte erschließt. Nun gut, der Titel gibt auch einen kleinen Hinweis. Text ist selbsterklärend, sobald man ihn übersetzt hat. Ich konnte sofort den Mopedsitz unter mir und den Wind im Haar spüren. Zum Glück in keinerlei Bart.

Jeg
Jjjeg kjører høy fart,
med mopedbart.
Jeg ha'kke klokke på,
ingen steder jeg må gå.
Jeg kjører høy fart,
med mopedbart.
Jeg ruller opp noen små,
og er ferdigpakka nå.
https://lyricstranslate.com
Jeg kjører høy fart,
med mopedbart.
Jeg ha'kke klokke på,
ingen steder jeg må gå.
Jeg kjører høy fart,
med mopedbart.
Jeg ruller opp noen små,
og er ferdigpakka nå.
https://lyricstranslate.com
kjører høy fart
med mopedbart
Jeg ha'kke klokke på
ingen steder jeg må gå
Jeg kjører høy fart
med mopedbart
Jeg ruller opp noen små,
og er ferdigpakka nå
 
Ich fahre mit hoher Geschwindigkeit 
mit Mopedbart
Ich habe keine Uhr an
Ich muss nirgendwo hin
Ich fahre mit hoher Geschwindigkeit 
Mit Mopedbart
Ich rolle einen Kleinen
und bin nun ausgerüstet 

 

Happy healthy Holiday!


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