Montag, 9. September 2024

Das 36. FOFL - Die gelbe Sau und brennende Planeten voller Irrer

Beim letzten FOFL drehte sich alles um die Sonne, um Planeten und um verrückte Menschen. Letztere gehörten nicht zum Motto, gingen aber irgendwie damit einher.

Außerdem gab es noch eine Premiere! In den letzten 5 FOFL-Jahren haben wir uns immer wieder mal gefragt, ob es wohl jemals passieren würde... und dieses Mal ist es tatsächlich eingetreten: Zwei Teilnehmende haben das gleiche Lied beigetragen. Darauf gab es einen Schnaps. Das besagte Lied wird nun die FOFL-Einlaufhymne. 

Welches Lied es war? Hinweis: Es hat eingeschlagen wie ein Bomber.    [Links wie immer in den Titelzeilen] 


Verrückt, über was sich manche Menschen den lieben langen Tag aufregen, über alle möglichen Kleinigkeiten, immer dagegen, dagegen, dagegen und überall so viel Hate Speech. Wir verstehen Peter Lichts Text als satirische Überspitzung dieser negativen Grundhaltung und regen uns mit ihm zusammen einfach mal über Dinge auf, bei denen es komplett sinnlos ist, so’n Hals zu kriegen.

Die Schwerkraft ist überbewertet
Man braucht sie gar nicht
Wie man ja wohl im Weltraum sieht
Und die Sonne kocht auch nur mit Wasser
Die soll sich nicht so aufspielen
Die gelbe Sau
Und der Himalaja, der alte Arsch
Da kann ich mich auch drüber aufregen
Sau
Und der Kölner Dom
Da kann ich mich auch drüber aufregen
Sonn Hals hab ich über den

Um nichts Geringeres als um die Entstehung von Leben auf der Erde geht es in diesem Liedtext. Mit bildhaften Kontrasten vermittelt er, was wir für ein winzig kleines Korn in der Sanduhr eines sich immer wiederholenden Kreislaufs sind – es ist bedrückend und beruhigend zugleich. Das zugehörige Konzeptalbum hat den Titel Phanerozoic. Der Begriff aus dem Altgriechischen bedeutet übersetzt „Zeitalter des sichtbaren Lebens“ und bezeichnet ein Äon auf der Geologischen Zeitskala, zu dem auch die „Kambrische Explosion“ gehört. Wieder was gelernt. FOFL bildet.

Your whole life, like a sandglass
Will always be reversed
And will ever run out again
A long minute will elapse
(We'll always be reversed)
Until all those conditions
Out of which you were evolved
(We'll always be reversed)
Return in the wheel
Of the cosmic process
(We'll always be reversed)
And then you will find every pain and pleasure
Every friend and every enemy
Every hope and every goddamn error
Every blade of grass and every ray of light

So ein kurzer Text und so viel Poesie. Bezaubernde Zeilen nehmen einen mit auf eine kleine Reise durchs Universum. Man fließt mit dem Regen, driftet auf Wogen der Freude, mäandert mit dem Wind und wird von Millionen Sonnen erleuchtet. Fast fühlt man sich schon ohne zu meditieren ganz transzendent. Mit dem Sanskrit-Refrain Jai Guru Dev (Danke, Guru Dev) bedanken sich die Beatles bei ihrem Guru dafür, den Klang der Balance des Universums erfahren zu haben, welcher da lautet: Om.

Images of broken light which dance before me like a million eyes
They call me on and on across the universe
Thoughts meander like a restless wind inside a letterbox they
They tumble blindly as they make their way across the universe
Jai guru deva, om
Nothing's gonna change my world
Nothing's gonna change my world
Sounds of laughter shades of life are ringing
Through my open ears inciting and inviting me
Limitless undying love which shines around me like a million suns
It calls me on and on across the universe

Man muss den Ärzten einfach recht geben, es wär schwer zu verstehen, eigentlich sogar völlig unverständlich, wenn die Sonne auch für Nazis schiene. Aber vielleicht tut sie das gar nicht. Vielleicht sind Nazis Nazis weil sie die Sonne nicht sehen können. Vielleicht haben sie deshalb so ein dunkelbraunes Gemüt. Vielleicht gibt es, so wie es Farbenblindheit gibt, auch eine Sonnen-und-blauer-Himmel-Blindheit und wenn man diese Krankheit hat, wird man Nazi, also noch kränker.

Doch immer, wenn der Sommer kommt
Beschäftigt mich seit Jahren schon
Ein eher philosophisches Problem
Die Frage ist zu schwer für mich
Ich stelle sie jetzt öffentlich
Doch Vorsicht! Sie ist ziemlich unbequem:
Scheint die Sonne auch für Nazis? Ich könnt's nicht verstehen
Dürfen Faschos auch verreisen? Das wär' ungerecht
Können Rassisten etwa auch den blauen Himmel sehen?
Scheint die Sonne auch für Nazis?
Wenn's nach mir geht, tut sie's nicht:
Ich will 'nen Sommer nur für mich!

Bryan Adams & Luciano Pavarotti - 'O sole mio (1898, Di Capua)
Beim Lesen der Übersetzung ging uns kein Licht dazu auf, um welches Lied es sich hier handeln könnte. Trotz vollem Glanze tappten wir im Dunkeln und es bedurfte einiger Hinweise: Italienisch! Alt! Ihr kennt es! Elvis hat es auch gesungen! (What? Ah. It's now or never.)
Einst war der Musiker Da Capua mit dem Neapolitanischen Staatsorchester in Odessa und konnte nachts wegen Heimweh und Kälte nicht schlafen. Als am Morgen die Sonne aufging und durch das Hotelzimmer schien.... Zack: ’O sole mio.

Wie strahlt die Sonne hell in vollem Glanze,
vorüber ist der Sturm, die Wolken fliehen,
ein frisches Wehen, lässt sie weiter ziehen
wie strahlt die Sonne hell in vollem Glanze.
Doch eine Sonne hat heller'n Schein
und diese Sonne bist Du allein:
Dein Antlitz, hold und rein,
soll meine Sonne ewig sein.

Che bella cosa na jurnata 'e sole,
N'aria serena doppo na tempesta!
Pe' ll'aria fresca pare già na festa...
Che bella cosa na jurnata 'e sole.
Ma n'atu sole
Cchiù bello, oje ne'.
O sole mio
Sta 'nfronte a te!

Nihilisten machen es einem nie leicht. Ein FOFL-Dialog.
"Ich versuch schon wieder, irgendwas zu verstehen."
"Muss man einen Text denn immer verstehen? Reicht es nicht, Bilder aufzuschnappen, eine Stimmung zu erhalten?"
"Ganz schön viele Bilder in dem Text, ich krieg sie nicht zu einem Ganzen."
"Ich komme in ganz apokalyptische Stimmung."
"Genug wohlgefühlt. Weirder Scheiß mit Sonne!" 
Whoaaaaaaaaaaaaaaaaa. (An interjection expressing surprise, shock or awe at the absurdity or strangeness of the situation.)

I had an urge to build a cage around the sun
I couldn′t find a way to say no
I took a check on all the meters in my room
I kicked the dog and said let's go
The clouds were hanging low above the path
I had my arm around a sundown
I pinned my baby into yanking satan′s crank
Bum deals with a thin smile... oh yeah
Pushin up and pushin down against the sky
Like there's muscles 'round my torso
Fourth dimension of smiles, strokes and knifes
This little pig has gotta go go

Erde an Claire, Erde an Claire... Claire lebt auf ihrem eigenen Planeten. Und das ist gut so! Sie ist so einzigartig, dass sie auf andere sowohl fremd, als auch faszinierend wirkt. Das Lied feiert die Individualität und das Anderssein. Enjoy the difference!
Der Song sampelt stark das Thema von "Peter Gunn", der TV-Serie von 1958, weshalb Komponist Henry Mancini Credits erhielt. Trivia-Überaschung: Der Tontechniker mischte Kate Piersons Stimme mit der Farfisa-Orgel so, dass sie wie ein Synthesizer klingt. Das ist tatsächlich Gesang! Klingt fremd, aber faszinierend. Kate war aber nicht glücklich damit.

She came from Planet Claire
I knew she came from there
She drove a Plymouth Satellite
A-faster than the speed of light
Planet Claire has pink air
All the trees are red
No one ever dies there
No one has a head
Some say she's from Mars
Or one of the seven stars that shine after three-thirty in the morning
Well, she isn't!
She came from Planet Claire

Die fröhliche Melodie täuscht über den menschlichen Irrsinn hinweg, den das Lied zum Thema hat. Es handelt sich um einen sozialen Schlachtruf, um die Frage, warum wir uns nicht alle vertragen können. Wo ist die Liebe hin, die noch 30 Jahre vorher eine echte Bewegung war? Anfang der 90er wurde der Schwarze Rodney King Opfer einer Prügelattacke durch Polizisten. Danach wüteten die Los Angeles Riots. Der junge Songschreiber Greg Camp sah die Hippiekultur zur Heuchelei verkommen. Kernschmelze statt Flower Power. Als würde der Planet brennen...

It ain't no joke when a mama's handkerchief is soaked
With her tears because her baby's life has been revoked
The bond is broke up, so choke up and focus on the close up
Mr. Wizard can't perform no god-like hocus-pocus
So don't sit back, kick back and watch the world get bushwhacked
News at ten, your neighborhood is under attack
Put away the crack before the crack puts you away
You need to be there when your baby's old enough to relate
So don't delay, act now, supplies are running out
Allow if you're still alive, six to eight years to arrive
And if you follow, there may be a tomorrow
But if the offer's shunned
You might as well be walking on the sun


Übrigens......

Während wir über die Beatles sprachen, von denen schon einmal ein Song beim FOFL diskutiert wurde, haben wir uns gefragt, welche Interpreten ebenfalls bereits mehrfach vertreten waren. Also hab ich eine kleine Evaluation gemacht. Im Laufe der Jahre waren elf weitere Musiker mit zwei Liedern dabei. Und ich habe hier nicht etwa vergessen zu gendern, es waren wirklich ausnahmlos Musiker:
Tocotronic, Elton John, Paul Simon, Eminem, Elbow, The Who, Heinz Rudolf Kunze, Leonard Bernstein, Elvis Costello, Genesis und Blur. 
Eine Band war - bei inzwischen insgesamt 250 (!) besprochenen Texten - sogar schon mit drei Liedern am Start, und zwar Spliff!
 
Davon muss ich mich erholen.
Mache jetzt erstmal Urlaub in der Sonne an einem schönen Fleckchen unseres Planeten. 🌎🌞

Bis bald,

Eure Penjelly

 

Samstag, 3. August 2024

Trash! A-haaaa! - Das 35. FOFL

Oha, bei so einem Motto muss man vorsichtig sein. Des einen Trash ist des anderen Smash (Hit).

Nur, wer definiert überhaupt was Trash ist? Gibt es Kriterien, die etwas als Schund deklarieren? Auch wenn man sagt: ja, das Kriterium ist ein gewisser Anspruch, landet man am Ende wieder am Anfang: Wer bewertet den Anspruch? Was für die einen gewöhnlich ist, mag für die anderen herausragen. Was für den einen primitiv und banal, ist für den anderen womöglich substanziell und stilvoll. In der Musik und bei Liedtexten genauso wie im Journalismus, beim Fernsehen, in der Kunst, der Mode, der Politik... (beim FOFL kam alles zur Sprache)
Für Trash mag es keine Skala geben, aber ein Empfinden. Und bei diesem Empfinden gibt es durchaus einen gewissen Konsens der Allgemeinheit. Wenn jemand von Trash-TV redet, weiß jeder, was gemeint ist, man unterscheidet im Allgemeinen Haute Cuisine von Fast Food. Qualität ist nicht rein subjektiv, nicht ausschließlich eine Frage des Geschmacks. Man kann Geschmack an Nicht-Qualitativem finden und damit wird es irgendwie auch wieder gut. Man kann zu Trash stehen, Trash genießen oder braucht Trash zur Entspannung. Manche zählen sich stolz zum Trash, um sich vom Establishment abzugrenzen...
...und ich verzettele mich hier.

Will sagen: es war ein gefährliches FOFL-Motto. Man will schließlich niemanden auf die Füße treten bzw. auf die für Sprache und Musik zuständige Hirnregion. Wir haben jedoch ohne Streit um Trash gestritten. Wir haben uns hier und da auch mal gequält, aber: Wir hatten Spaß mit Schund!

So, und nun kopfüber in den Trash, macht Euch auf was gefasst.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Darüber zu singen, dass wahre Metaller (Metaler/Metler/Metalheads?) nicht posen und genau das dann in Musik und Text extrem zu tun - knallhart.

We like it hard, we like it fast
We got the biggest amps, man they blast
True metal people want to rock not pose
Wearin' jeans and leather, not cracker jack clothes
They want to keep us down
But they can't last
When we get up we're gonna kick your ass
Gonna keep on burnin'
We always will
Other bands play Manowar kill

Darüber zu singen, cool sein zu wollen und dann sehr gewollt arty alle Instrument mal durchzuprobieren und die Schlümpfe mitsingen zu lassen - autsch.

Then let's get cool in the pool
Oh, let's get cool
Cool together
And our nonsense have method
Donkey's mouth, full of hate
Watch me dancing, twirl
Beat up, deluded, oh
Your shoes and I'm your socks and I'm your underwear
Lime in your ice cream soda, yeah, let's get cool

Stereotype Klischees des White Trash parodieren, Underdogs unabhängig von der Hautfarbe feiern und dann von planlosen White Separatists kooptiert werden - bitter.
 
Now hop in my minivan, let's get rowdy, c'mon
Now you can do this on your own
But everyone knows that no one likes to be alone
So get on the floor and grab somebody
Ain't nothin' but a White Trash Party
So let's have us a little bash
And if anyone asks if there ain't no one but us trash
You dunno, you better ask somebody
'Cause we're havin' a White Trash Party
Now whether you're black, white or purple if you're misunderstood
But you don't give a fuck, you weren't doin' shit that you should
Long as you know you're up to evil
And you're no damn good, get on the floor, man, and rep your 'hood

 
Buntspecht - Mojo Risin' (2023)
Ein Lebenskünstler erhebt keine Ansprüche. On the road ohne Führerschein, wohin das Glück einen führt. Dabei ein eingängiges Liedchen trällern - leicht verdaulich.

So lang schon auf der Reise,
So vieles schon erlebt
Was auf deiner Windschutzscheibe
Alles so rumklebt
Tote Salamander und
Schöne bunte Schmetterlinge
Ich weiß nichts von diesen Dingen
Ich sollt nicht darüber singen
Mr. Mojo Risin' ich hab keinen Führerschein
Ah Mr. Mojo Risin' ich steig jetzt in dein Auto ein
Mr. Mojo Risin' hörst du auf jedem Sender
Spielt es Fahrstuhl-Banger

Einfache Reime, schlichte Melodie. Dann die K.I. mit der eigenen Stimme füttern und sie auch mal eine Strophe singen lassen. Ist das Kunst oder kann das weg?

Trinke meine Bloody Mary ohne Wodka
Und das, obwohl das Ende für mich wie ein Schock war
Für mich bist du jung gestorben wie ein Rockstar
Will mich wiederfinden, weil ich mit dir lost war
Aber auch wenn alles grade auf dem Kopf steht
Du hast es nicht verdient, dass es mir schlecht geht
Diese Narbe, sie wird bleiben wie ein Kaiserschnitt
Back to Black, das von Amy, singe leise mit
Doch auch wenn die Liebе mich auf diese Weisе tritt
Ich nehme keinen Hass auf meine Reise mit

Der selbsternannte „Gott of Schlager“ verpackt Heile-Welt-Parodie in klassisch gefällige Schlagermelodie zum Mitsingen und macht trashsüchtig - Party!

Die Zeit ist viel zu kostbar und das Leben viel zu schön
Wie konnte ich es wagen dich überhaupt zu fragen jetzt hab ich das Problem
Ich kann's doch auch nicht ändern und es ist mir so egal
Ich bitte dich bitte sag es nicht ich frag auch nicht nochmal
Sag mal kommt das mit dem Arschloch bei dir
Mehr von der Mutter her
Oder war's dein Vater der das Lieben nie gelernt
Und glaubst du dass das immer so bleibt
Oder ist das nur ein Zeitvertreib
Und du könntest auch ganz anders sein
Doch du hasst die Menschen einfach gern

Der "King of Electrolore" singt über ein Problem, das jeder kennt und bringt das banale-alltägliche Dilemma in Ohrwurmformat aufs Trash-Tapet - unvergesslich.

Da gibt es ein Problem
Keiner will drüber reden
Es zermürbt die Menschen
Reißt sie aus ihrem Leben
Und keinen intressiert es, obwohl es wirklich brennt
Immer mehr Menschen erleben, dass ihr Reißverschluss klemmt
Reißverschluss klemmt, Innenfutter eingeklemmt
Reißverschluss klemmt, leider wieder eingeklemmt
Reißverschluss klemmt, Innenfutter eingeklemmt
Reißverschluss klemmt, auf der Straße eingeklemmt
N-n-n-no
(Aua, aua)

Ob in den 90ern auch jeder mitgetanzt und -gesungen hätte, wenn der Text auf Deutsch und seine Niveaulosigkeit noch unmittelbarer erfahrbar gewesen wäre? Ist doch egal! Dee dee na na na!

Dee dee na na na
Saturday night, I feel the air is getting hot
Like you baby
I'll make you mine, you know I'll take you to the top
I'll drive you crazy
Saturday night, dance, I like the way you move
Pretty baby
It's party time and not one minute we can lose
Be my baby
Da ba da dan dee dee dee da nee na na na
Be my baby
Da ba da dan dee dee dee da nee na na na
Pretty baby

 

Summer in the city - see you soon!

Eure Penjelly

Sonntag, 23. Juni 2024

Gets a little messy at FOFL 34

Es war die Nacht vor der Europawahl, als zuletzt gefoflt wurde. Das ist also schon ein paar Wochen her. Aber keine Zeit für Protokolle. A little messy ist derzeit auch mein Alltag.

Eigentlich bestand beim 34. FOFL kein offizielles Motto, aber wegen der Wahl in Europa nahm der ein oder andere Beitrag Bezug auf Themen wie Gleichstellung oder Krieg. Eine Linie gab es jedoch nicht, es ging wild durcheinander. 

Schön war's. Sehr viel schöner auf jeden Fall als der Ausgang der Wahl.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Venbee - Messy in heaven (2022)
Ist es eine Fantasie über Jesus wie er heute so drauf wäre? Geht es um einen Freund mit Namen Jesus, der offenbar ein paar Probleme hat? Oder wird hier jemand beschrieben, der sich für den neuen Messias hält? Wie auch immer, der Text funktioniert, erzeugt Bilder und Stimmungen und bleibt hängen.
Außerdem: Drum 'n' Bass ist zurück (warum auch immer). Habe mir erlaubt, die wie ich finde schönere Glastonbury-Version zu verlinken.

I heard Jesus did cocaine on a night out
Eyes wide open, dilated, but he's fine now
And if his father ever finds out
Then he'd probably knock his lights out
Gets a little messy in Heaven
Gets a little messy in Heaven
He's staying out on the weekdays, weekends
No sleep for the weak 'round here
Going out, getting lost in the deep end
White lines never dried no tears

Das Schöne an diesem harmlosen Text ist seine Leichtigkeit. Er propagiert nicht eine (auch 30 Jahre später oft immer noch mangelnde) Offenheit, sondern gibt dem Miteinander die Selbstverständlichkeit, die es haben sollte. Mach Dich locker, hab Spaß. Alles entspannt.

Well I was dancing at a night club one Friday night
And that night club bar was a little uptight
Yeah, I was dancing all alone a little self conscious
When some kids came up and said, "for dancing come with us."
And soon I was dancing in a lesbian bar in the industrial zone.
I was dancing with my friends and dancing alone.
Well the first bar things were stop and stare
But in this bar things were laissez faire
I was dancing in a lesbian bar.
In the first bar folks were drinking sips
But in this bar they could shake their hips

Stellt Euch vor, dazu muss man gar nichts weiter sagen. Just imagine.
 
Imagine there's no countries
It isn't hard to do
Nothing to kill or die for
And no religion, too
Imagine all the people
Livin' life in peace
You
You may say I'm a dreamer
But I'm not the only one
I hope someday you'll join us
And the world will be as one

 
Ein melancholischer Rückblick auf das Leben, auf eine Liebe, aus der nichts wurde. Es ist eine antizipierte Erinnerung. Es gibt Verluste, bei denen man weiß, dass man sie ein Leben lang spüren wird. Der Schmerz wird einmal vergehen und wen nicht, muss man versuchen, seinen Frieden mit ihm zu machen: Mach dich bereit für die Erinnerung, die dich einholt, bevor sie eine geworden ist.

Through the bleak and early morn
Where a stronger will is sworn
Where the moon moves so slow
And I seem to never let you go
When my hands are old and ache
And my memory flickers dim
And my bones don't hold my skin
There's no place I haven't been
I recall the days were few
That is all that I can do
Feel the carvings in the tree
That give shape for you and me

Jedes Töpfchen hat angeblich sein Deckelchen, man muss es nur finden. Bis es soweit ist, träumt man von der Zweisamkeit, muss die Romantik eines Sonnenuntergangs allein ertragen, oder zumindest in Anwesenheit der Hoffnung, dass irgendwo jemand sitzt, der einen gleichermaßen unbekannterweise vermisst. So könnte man diesen Text interpretieren. Oder als abstrakte Sehnsuchtsballade auf jemanden, den man blöderweise verlassen hat. So viele offene Türen.

Back in the city
I'm just another girl in a sweater
Perpetual novice
Signature on a check made out to you
Now there's the sunset
Salt in the wound, yeah
Sometimes I don't know who I'm singing to
Who is the you who I sing to
When the house is empty?
You open the door
To another door, to another door
To another door, to another door
And I'm running through to you

Stell Dir vor, Du sollst friedvoll bleiben im Angesicht der Gewalt. Sie nimmt dir die Luft zum Atmen, die Lust am Leben, das Leben selbst. Dein Gegener ist überlegen, nicht geistig wohlgemerkt, sondern ein brutales Patriarchat, in dem Femizide an der Tagesordnung sind... Man mag es sich nicht vorstellen. Auch das ein Privileg.
 
2020, im Erscheinungsjahr des Liedes, starben hierzulande 139 Frauen  durch die Hand von Männern, meist (Ex-)Partnern. Erschreckend nicht?
In Mexiko waren es im gleichen Jahr 3723. Die Zahl der vermissten Frauen ist sechsstellig.

A veces sucede que transformo el odio en ganas terribles de volverme invisible, más crece el coraje, inunda el rencor. Agentes del caos a reapropiar la violencia.
De niñas crecimos siendo precavidas, a nunca andar solas de noche y de día. Aprendimos a tiempo a lidiar con el mundo, con la herida abierta de un trauma en conjunto.
Llaves entre los dedos, gas pimienta y cuchillo fieles aliadas contra el mismo enemigo. Crece el odio, crece el rencor. Crece el odio, crece el rencor.

[Sometimes it happens that I transform hatred into a terrible desire to become invisible, Courage grows, rancor spreads. Agents of chaos to re-appropriate violence.
As girls we grew up being cautious, never walking alone at night and during the day. We learned in time to deal with the world, with the open wound of trauma as a whole.
Keys between fingers, pepper spray and knife, faithful allies against the same enemy. Hatred grows, rancor grows. Hatred grows, rancor grows.
]

Smash-Hit aus den 80ern! Die Mehrzahl der FOFLer hat seinerzeit nicht wirklich verstanden, worum genau es geht: Mißbilligung von Homosexuellen, um es milde auszudrücken. Gewalt gegen gleichgeschlechtlich liebende Menschen. Bronski Beat haben das früh zum Thema gemacht, so richtig gedämmert ist es uns - damals alle noch in der Frühadoleszenz - erst später. Can you tell me why?
Klassische FOFL-Erleuchtung: Aha, darum geht's also.

Contempt in your eyes
As I turn to kiss his lips
Broken I lie
All my feelings denied
Blood on your fist
Can you tell me why?
You in your false securities
Tear up my life
Condemning me
Name me an illness
Call me a sin
Never feel guilty
Never give in
Tell me why?
You and me together
Fighting for our love

 

Jetzt ist erstmal EM , danach wird weiter gefoflt. Freut Euch auf das Motto TRASH!

Liebe an alle, 

Penjelly

Mittwoch, 24. April 2024

Auf die Freundschaft - das 33. FOFL


Das 33. FOFL hatte ein Motto. Schnaps hätte sich angeboten, gibt auch genug Lieder, in dem es ums Trinken geht, aber das mit der Schnapszahl ist mir erst jetzt aufgefallen. Zum Glück! Denn sonst wäre uns ein sehr interessantes, sehr ergiebiges FOFL zum Thema Freundschaft entgangen.

Acht Lieder führten zu angeregten Gesprächen - oftmals weniger über die Texte an sich, als zu dem jeweiligen Aspekt von Freundschaft, den sie thematisieren. Es gab kritischen Diskurs, es wurden persönliche Erfahrungen geteilt und es wurde viel gelacht. That's what friends are for. Aber das ist auch, wofür die Kunst (im besten Falle) da ist: Fragen aufwerfen, Anstöße geben, Freude bereiten. Wunderbar.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Von wegen Lisbeth - Sushi (2016)
Wie nah ist man Bekannten oder Freunden, deren Leben man primär im What's App-Status verfolgt? Ist das Mitteilen von Vorteil, um zu wissen, was die anderen so machen? Und weiß man deshalb, wie es ihnen geht? Will man wirklich sehen, was eine Person, die im Adressbuch schlummert, mit der man aber nichts weiter zu tun hat, so treibt? Ist man neugierig oder genervt? Und wie authentisch ist eigentlich das Präsentierte? Bloß Hochglanzalltag? Wer teilt schon sein Normalodasein?

Komm, beweis' mir, wie viel du lachst
Und dann zeig' mir dein Essen, was du machst
Deine Füsse sind am Meer
Du bist in love mit deinen neuen Nike Air
Komm, erzähl' mir von New Yorker Taxis
Oder mach' Mädelsabend mit den Schatzis
Bei dir zu Hause, um zwanzig Uhr
Ich geh' mal eben von der Küche in 'n Flur
Lina, ich will dein Sushi gar nicht sehen
Warum ist dein Leben so prima?
Und du immer so wunder-wunderschön?
 
Einerseits eine Elegie, andererseits eine Ode an die Freundschaft, des Weiteren eine vielfach zum Einsatz kommende Sporthymne. Der Bassist der Band hatte in den 80er Jahren reihenweise Verluste zu beklagen und widmete den Song seinen verstorbenen Freunden. Wenige Jahre später starb er selbst und eine Neuaufnahme des Liedes wurde wiederum ihm gewidmet. Wegen des Bro-Faktors und des stadiontauglichen Mittelteils (Whooooa-ohhh-ohhh-ohhhhh) fand das Lied schließlich Einzug in die Fankultur.

To all my friends, present past and beyond
Especially those who weren't with us too long
Life is the most precious thing you can lose
While you were here, the fun was never ending
Laugh a minute was only the beginning
Canton, Colvin, Nichols, this one's for you
Ever get the feeling you can't go on
Just remember whose side it is that you're on
You've got friends with you 'til the end
If you're ever in a tough situation
We'll be there with no hesitation
Brotherhood's our rule we cannot bend

Gemeinsam einer Sache auf den Grund gehen und Lösungen zu finden - auch das kann Freunde zusammenschweißen. Wir hatten ordentlich zu rätseln bei diesem Text, der das Leben feiert und den Zusammenhalt preist - aber eben auf Kölsch. Eine "Tüte Wing" ist ein Tetrapak Wein, "ming Jitta" ist meine Gitarre. Satz des Abends: Alle Kölner nuscheln. Aber in Köln hat man trotzdem gute Laune und dieses Lied will sie verbreiten, ein Freundschaftsdienst eben.

Ne Tüte Wing üs Plastikbecher
Et Bier es zimmerwärm
Danze mir op de Dächer
Un luure uns de Sonnopjangk aan
Nix he bes op uns
Un die Sonn, Mond un Stääne
Ming Jitta un ding Stimm
Sin die schönste Symphonie
Mer fiere et Levve
Dat hält uns zosamme
Dat weed uns keiner nemme
Mer fiere et Levve
Dat weed niemols verjonn

Eher selten kommt es im FOFL-Protokoll vor, dass der zitierte Liedtextauszug dem kompletten Text entspricht. Viel gibt er nunmal nicht her, aber eben das Wichtigste. (Das Lied erfuhr sogar 1967 eine Neuauflage in einer Version für die Fernsehlotterie. Das Video dazu sollte man sich aufgrund der unglaublichen Dynamik zwischen den Fußballfreunden unbedingt ansehen: hier.)
Achtung, Freunde, das Lied ist ein fieser Ohrwurm. Oder wie der Kaiser sagen würde: "We call it a Klassiker."
 
Gute Freunde kann niemand trennen
Gute Freunde sind nie allein
Weil sie eines im Leben können
Für einander da zu sein
Laß doch die andern reden
Was kann denn schon geschehn
Wir wollen heut und morgen
Nicht auseinander geh'n
Gute Freunde kann niemand trennen
Gute Freunde sind nie allein
Weil sie eines im Leben können
Für einander da zu sein
Glück kannst du leicht vertragen
Wenn dir die Sonne scheint
Aber in schweren Tagen
Da brauchst du einen Freund

 
Ein anderer Klassiker: F.R.I.E.N.D.S. ! Es war die Serie der Neunziger. Nachdem R.E.M. (trotz der gleichen Vorliebe für Majuskeln) abglehnt hatten, dass "Shiny happy people" als Titelmelodie verwendet wird, wurde eine neue geschrieben und von der einzigen bei Warner Bros. verfügbaren Band aufgenommen. Nachdem die Serie das Lied zu einem Hit gemacht hatte, wurden zwei Strophen ergänzt. Die essentiellen FOFL-Fragen waren: Kennt das Lied nicht jeder? Muss man die Serie gesehen haben? Warum hat Jennifer Aniston ihr Leben lang quasi die gleiche Frisur? Wer ist Jennifer Aniston? Und was bedeutet DOA*?

So no one told you life was gonna be this way
Your job's a joke, you're broke
Your love life's DOA
It's like you're always stuck in second gear
When it hasn't been your day, your week, your month
Or even your year, but
I'll be there for you
(When the rain starts to pour)
I'll be there for you
(Like I've been there before)
I'll be there for you
('Cause you're there for me too)

Etwas ist in Schieflage, aber wird nicht ausgesprochen. Obwohl man befreundet ist, gibt es Konkurrenzverhalten. Die Basis, dass man sich seit Kindheitstagen kennt, hält der Tatsache, dass man sich in verschiedene Richtungen entwickelt hat, nicht stand. Eigentlich ist man nicht mehr wirklich nett zueinander, auch wenn man trotzdem noch zusammen Spaß haben kann wie früher. Freundschaften können sich manchmal merkwürdig entwickeln, unecht und ungesund werden. Wie geht man damit um? Reden, wenn man denn miteinander reden kann. Und wenn nicht? Manchmal ist es dann vielleicht sogar besser, eine Freundschaft aufzugeben.

I can't wait to get away from you
Unsurprisingly, you hate me, too
We only communicate when we need to fight
But we're best friends, right?
You're too good at pretending you don't care
There's enough resentment in the air
You don't want me in the flat when you're home at night
But we are best friends, right?
You're Stephanie and I'm Paulette
You know what all my faces mean
And it's easy to smoke it up, forget
Everything that happened in between

Noch ein Text, der sich in voller Länge zitieren lässt, weil er gar nicht so lang ist. Aber es kommt nun mal nicht auf die Länge an. Gute Freunde kann niemand trennen, aber gute Freunde muss man eben auch erstmal finden. Gar nicht so leicht, wenn man introvertiert bis schüchtern ist, nicht der große Kommunikator oder Networker. Man traut sich nicht und ehe man sich's versieht, sind die Chancen verpasst und Freundschaften nicht geschlossen. Ob es in der heutigen Zeit mit sozialen Netzwerken für Introvertierte einfacher ist, als 1988? Vielleicht können sich Zurückhaltende nun leichter vernetzen. Oder es kommt zu der Situation von Lied 1 (siehe oben).

Here I sit so fucking shy
Wondering what's going through your mind
Or what you're even like
As time ticks quickly by
A life so short, incomplete
So many people I'd like to meet
Feeling awkward, afraid
Potential friends I could've made
Why do we keep to ourselves
And not dare to leave our fucking shells
Let our feelings and emotions blend
We could be the best of friends

Was muss man bei Freunden tolerieren? Was tun, wenn sie gequirlte Scheiße von sich geben? Nicht die, die man zur Seite wischen kann (sehr bildlich gesprochen), sondern die, die zum Himmel stinkt (um es olfaktorisch zu veranschaulichen). Auch bei den eigenen Freunden kann es zu inakzeptablem Verhalten kommen und das ist sehr bitter. Man geht davon aus, dass man die gleichen Werte hat und schaut plötzlich in Abgründe. Es gibt Grenzen, auch unter Freunden. Im besten Fallen wächst man an ihnen, gemeinsam.

It was the loveliest party that I've ever attended
If anything was broken I'm sure it could be mended
My head can't tolerate this bobbing and pretending
Listen to some bullet-head and the madness that he's saying
This is where the party ends
I'll just sit here wondering how you
Can stand by your racist friend
I know politics bore you
But I feel like a hypocrite talking to you
You and your racist friend

 

Vielen Dank für den schönen Abend, Freunde.


*DOA = dead on arrival

Montag, 1. April 2024

So ist das Leben. Nostalgie und Zuversicht beim 32. FOFL.

 Hier sind die sieben Lieder des 32. FOFL, das kürzlich stattfand.

[Links wie immer in den Titelzeilen]

Eine kurze Satire über die Maßstäbe nach denen das (hier britische) Arbeitsamt Bewertungen von Tauglichkeit vornimmt. Menschen mit körperlichen oder geistigen Erkrankungen können in UK einen Antrag auf PIP stellen, einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten. Die Chancen stehen jedoch schlecht, wenn sie auf dem Amt an eine Shirley geraten. Ihre Bewertung lautet auch bei den härtesten Fällen: Fit for work!
Der Beat transportiert sehr schön die Wut über so viel Willkür.

David's brother died, but hey, everybody dies
Fit for work
Daniel doesn't speak, but with keyboards, who needs speech?
Fit for work
Roger's just left rehab, liquid handcuffs make him meaner
Fit for work
Rita's mind is scary, but her mind doesn't scare me
Fit for work, fit for work
Fit, fit, fit for work!
Shirley says she's serious, she surely can't be serious
Fit for work
 
Portugal the man - Feel it still (2017)
Du wirst älter, Du wirst Elternteil, Du bist nur noch zum Spaß ein Rebel. Aber Du fühlst es noch, es ist noch in Dir, auch wenn Dein Alltag nun anders aussieht. Es - der Kitzel, das aufregende Leben, früher, als noch alles drin war. Du vermisst es, aber das ist ok, Du bist bereits zu verzichten, für die Kinder. Vielleicht kommt es irgendwann zurück. Oder ist dieser Gedanke zu abwegig, "coming out of leftfield"?

Might be over now, but I feel it still
Got another mouth to feed
Leave her with a baby sitter, mama, call the grave digger
Gone with the fallen leaves
Am I coming out of left field?
Ooh woo, I'm a rebel just for kicks, now
I been feeling it since 1966, now
Might've had your fill, but you feel it still

Drei Frauen blicken in je einer Strophe zurück auf ihre Erfahrungen mit Typen, die sie früher einmal idealisiert haben, von deren idealistischem Gehabe - wahlweise ein Satanist, ein Anarchist und ein Nihilist - sie sich haben blenden lassen und für deren (hoffentlich bisschen) Anerkennung sie bereit waren, sich zu verbiegen. Den drei Strophen folgt ein hinterher schlaueres Fazit. Textlich top, musikalisch eher nahe "Teenage Dirtbag" zu verorten. Womöglich Absicht?

Will you be an anarchist with me?
Sleep in cars and kill the bourgeoisie
At least until you find out what a fake I am
Spray paint my initials on an ATM
I burn my cash and smash my old TV
(...)
You wonder if you can even be seen from so far away
A slow pull, a seismic drift
Leanin' over the edge of the continent
It's so hard to come back

Pelzige Libellen. Böse Bienen. Vögel in Not. Wo so viele Tiere sind, ist die Fabel nicht weit. Diese hier handelt von Krieg, weil der Himmel nicht groß genug für alle ist, von Umsturz auf schmutzigen Pfoten. "My head is an animal" lautet eine Zeile (nach der auch das Album benannt wurde) und es klingt nach einer Traumsequenz. Wohl nicht umsonst wurde das Lied in "The Secret Life of Walter Mitty", dem Film über einen exzessiv tagträumenden Archivar, verwendet.
 
They used to sing about the birds and the bees
The bees had declared a war
The sky wasn't big enough for them all
The birds, they got help from below
From dirty paws and the creatures of snow
La la la
So for a while, things were cold
They were scared down in their holes
The forest that once was green
Was colored black by those killing machines

 
Der Name ist Programm. Unzufrieden mit der Liedwahl des DJs (immer der Bestimmer), in dessen Händen Musik zu einer unkontrollierten, wilden Bestie wird, von der Joe sich terrorisiert fühlt, während er doch eigentlich lieber von sanften Klängen liebkost werden und dazu romantisch schwofen will, liefert er eben kurzerhand selbst, was er sich wünscht: einen slow song.

And we need the energy
If not the sympathy
But I'm brutalized by bass
And terrorized by treble
I'm open to change my mood but
I always get caught in the middle
And I get tired of DJs
Why is it always what he plays
I'm gonna push right through
I'm gonna tell him to
Play us a slow song

Man blickt nach vorne, man blickt zurück. Mit den besten Wünschen für ihre Zukunft wenden sich BBC liebevoll und zuversichtlich an ihre Kinder und reflektieren gleichzeitig über ihr eigenes jüngeres Selbst und darüber, wie man sich früher das Älterwerden vorgestellt hat. Schalte die Welt an. Sie wartet nicht auf Dich.

You always think you've blinked and missed it
On your last lap 'round the sun
I never felt so optimistic
Since the days when I was young
I'd dream of growing old
And all the things I thought I would have done
Turn the world on
You'll make a fine young man
You'll smooth it out, you'll see where I went wrong

Ein Hoch auf die öffentliche Bücherei, ein Tribut, ein Tusch! Immerhin wurde diese hier  - die Hamburger Zentralbibliothek am Hühnerposten 1 - von Wilhelm II. eingeweiht (naja, zumindest der Bau, damals noch ein Postamt). Die Ode weckte beim FOFL kurz Assoziationen mit  "In der Weihnachtsbäckerei", aber nun, bei Andreas Dorau ging es noch nie um die hohe Kunst der Komposition oder Poesie, sondern eher um die kleine Kunst, um Vergnüglichkeit. Zschopau, äh, Chapeau.

1900 entstand der gotische Bau
errichtet von Geheimrat Zschopau
Neben dem Bahnhof direkt an den Gleisen
diente er gleichwohl nicht dem Verreisen
Taschenbücher, Periodika,
Musik und DVDs - alles ist da
Noten, Filme, Lexika,

in der Leihbibliothek
Die Postbeamten zogen aus
und tausende Bücher kamen ins Haus.

Jeder Mensch kommt auf seine Koste
n
in der Bücherhalle am Hühnerposten


Happy reading! Happy listening! Der Frühling ist da.


Freitag, 12. Januar 2024

44 in 23

Gerade habe ich mein erstes Buch in diesem Jahr beendet, da überkam mich die Lust nach einem Rückblick auf das vergangene Lesejahr. Denn da waren Kracher dabei, die werden nicht vergessen werden! Also, das sage ich jetzt. Was mein Gehirn derzeit so anstellt, lässt mich so einige Zweifel haben. Umso angebrachter, die Lektüre von 2023 zu dokumentieren.

Von den im vergangenen Jahr gelesenen Büchern hatte ich für folgendes oberstes Sechstel (ohne Ranking) am meisten Bewunderung und Begeisterung:

Ali Smith - The first person and other stories
Rachel Cusk - Kudos
John Braine - Room at the top
Brigitte Reimann - Die Geschwister
Kurt Vonnegut - Mother Night
Anna Burns - Milkman
Maya Angelou – Singing & Swinging and Getting merry like Christmas

 
Hier hat einfach alles gestimmt. Ali Smith und Rachel Cusk sind große Inspiration. Angelou, Reimann und Vonnegut sind horizonterweiternd, Braine und Burns hochpsychologisch (und das ist als Kompliment gemeint!). Alle sind dabei bereichernd und unterhaltsam.

Hervorheben möchte ich auch folgende fünf Bücher, aus Gründen:

Außergewöhnlicher Schreibstil und fiese Realitäten: Elfriede Jellinek - Die Liebhaberinnen
Brillant und verwirrend: Samuel Beckett – Molloy
Monumental und unterbewertet: Goliard Sapienza - Die Kunst der Freude
Sezierend schön: Mavis Gallant - Blockstelle Pegnitz
In seiner Kürze berührend: Delphine de Vigan – Dankbarkeiten

Nicht überzeugt haben mich die Romane von Ohde und Bennett sowie die von Mohamed und French. Zu larmoyant, zu gewollt, zu simpel, zu vorhersehbar.

Hier die komplette Leseliste:

Ali Smith - The first person and other stories
Rachel Cusk - Transit
Claire Louise Bennett - Checkout 19
Ann Radcliffe - A Sicilian Romance
Goliards Sapienza - Die Kunst der Freude
Rachel Cusk - Kudos
Deniz Ohde - Streulicht
Jane Bowles - Two serious ladies
My pen is the wing of a bird - New fiction by Afghan women
Arno Geiger - Das glückliche Geheimnis
Gabriel Josipovici - Wohin gehst du, mein Leben?
Clarice Lispector - Aber es wird regnen
Mavis Gallant - Blockstelle Pegnitz
Will & Ian Ferguson - How to be a Canadian
Max Porter - Grief is the thing with feathers
Roald Dahl - The Great Automatic Grammatizator and Other Stories
Nadifa Mohamed - The Fortune Men
Owen Sheers - White Ravens
Nathanael West - The Day of the Locust
Robin Ince - Bibliomaniac
John Braine - Room at the top
Nancy Mitford - The Pursuit of Love
Delphine de Vigan - Dankbarkeiten
Sarah Waters - Fingersmith
Ernest Hemingway - Fiesta
Brigitte Reimann - Die Geschwister
Sarah Bakewell - Montaigne oder das Glück mit Büchern zu leben
Jack Kerouac - On the road
Muriel Spark - The Prime of Miss Jean Brodie
Samuel Beckett - Molloy
Elizabeth Strout - Oh, William!
Alice Munro - Zu viel Glück
Kurt Vonnegut - Mother Night
Elfriede Jellinek - Die Liebhaberinnen
Marie NDiaye - Self-portrait in green
Tana French - In the woods
Gianna Molinari - Hier ist noch alles möglich
Natalia Ginzburg - So ist es gewesen
Oscar Wilde - The Importance of Being Ernest
Anna Burns - Milkman
Italo Calvino - Marcovaldo oder die Jahreszeiten in der Stadt
M.L. Rio - If we were villains
Henriette Valet - Madame 60a
Maya Angelou – Singing & Swinging and Getting merry like Christmas


Ein schönes neues Lesejahr!
Eure Penjelly


Donnerstag, 21. Dezember 2023

Dem Ruin entkommen und Spaß haben - Das 31. FOFL

Kling Glöckchen klingelingeling.

Hier sind die fünf Lieder des 31. FOFL, das am vergangenen Wochenende stattfand.

[Links wie immer in den Titelzeilen]


Thema sind Rassismus und Ungerechtigkeit in einer brisanten Zeit der amerikanischen Geschichte. Als der Vietnamkrieg eskalierte und mit ihm eine Diskussion über die Herabsetzung des Wahlalters, da so viele junge Menschen in den Krieg geschickt wurden, ihnen aber die Teilnahme am politischen Prozess verwehrt blieb, wurde der Song zu einer Hippie-Hymne. Geschrieben hat sie einer der  Songwriter von Barry McGuire, gerade mal 19 Jahre alt, der behauptete, dass seine innere Stimme oder ein Dialog mit Gott die Inspiration gewesen sei. So ganz eindeutig war seine Aussage diesbezüglich nicht. Kurz: Er hörte Stimmen.

The Eastern world, it is explodin'
Violence flarin', bullets loadin'
You're old enough to kill but not for votin'
You don't believe in war, but what's that gun you're totin'?
And even the Jordan river has bodies floatin'
But you tell me
Over and over and over again, my friend
How you don't believe
We're on the eve of destruction
 
Man denkt bei uneindeutigen Texten wie diesen immer an wuschig machende Beziehungsprobleme. Meist geht es auch um welche, sie sind bloß nicht zwingend romantischer Art. James Murphy aka LCD Soundsystem hat Trennungsgedanken bezüglich seines Managers. FOFL Deja-Vu: Wir erinnern uns an „The Adults are talking“ von den Strokes (siehe hier). Lustigerweise hatten wir am Abend des damaligen FOFL auch ein Lied von LCD Soundsystem in der Runde. So schließt sich der Kreis. Es gibt kein Entkommen. 
(Aber LCD Soundsystem will man ja auch gar nicht entkommen, zu gut.)

It's time to get away
It's time to get away from you, uh-uh
You brought a lot of money
But me, I catch a tiny tummy
And you, you make me sleep
I tried and tried
But you're undermine me, uh-huh
And I start to be sensible (if you know what I mean)
And so it's time to get away

Ein lieblicher Text, eine süße Melodie, aber sehr viel Verlorenheit. Intimität ist nun mal eine ambivalente Angelegenheit. Zwischen Sinnsuche und Melancholie gibt es ein bisschen Ermutigung: Take Care, take heart, have fun. Es sind häufig die einzigen Ratschläge, mit denen man Traurigkeit beantworten kann. Es mag nach wenig klingen, aber wenn es eine Kleinigkeit wäre, wäre das Leben ja einfach.  

We should have a baby
And then I wouldn't feel quite so sad
Then I'd feel like Paul the Saint and not Jack the Lad
A baby that'll make me feel so very glad
I've had a life of booze, but that's all I've ever had
'Cause I'm the King of Misery
The Prince of the torn apart
And you're the lighthouse keeper
To the owner of a ship-wrecked heart

Auf dem gleichnamigen Album (das einen der FOFLer in der Jugend sehr geprägt hat) ist dieses grobe Klangexperiment umgeben von Liedern, die völlig anderer Natur sind, weich und gefühlvoll und melodiös. Wir kommen nicht los von der Frage, welche Wendung die Teenagerküsse, welche zu den sanften Tönen begannen, wohl genommen haben mögen, sobald die Klänge von Illegal dazwischen fuhren.
 
Ich glaub ich hab die Lampe an
Ich glaub ich krieg‘n Krampf im Darm
Ich glaub mich küsst der Kardinal
Da steht‘n armes Würstchen
Und wird brutal verknackt
Bloß weil er mit zwei Freunden
Die Klampfe ausgepackt
Und in der Innenstadt von Dortmund (Oder war? s Wuppertal)
Von Lust und Last sein Lied sang, als wäre es ganz normal
Doch dann kam der große Stempel: I-L-L-E-G-A- illegal
 
Die Geschichte eines irischen Paares, das nach Amerika einwandert, in der Hoffnung, in New York sein Glück zu finden. Das Lied spielt am Weihnachtsabend, an dem die beiden mittellos ihre Träume zerplatzt sehen und sich im Rausch gegenseitig beschuldigen und beleidigen.
Fun Fact: Kaum jemand wagte sich an ein Cover dieses Klassikers, außer: Bon Jovi. (Ausgerechnet!) Kam nicht gut an. Der Kommentar des britischen DJs Rob Smith:
"Es ist das Schlimmste, was der Musik je passiert ist, und ich schließe sowohl die Ermordung von John Lennon als auch die Solokarriere von Brian McFadden darin ein." Wie treffend. (I like!) 

They've got cars big as bars
They've got rivers of gold
But the wind goes right through you
It's no place for the old
When you first took my hand
On a cold Christmas Eve
You promised me
Broadway was waiting for me
You were handsome
You were pretty
Queen of New York City
When the band finished playing
They howled out for more
Sinatra was swinging
All the drunks they were singing
We kissed on a corner
Then danced through the night
The boys of the NYPD choir
Were singing Galway Bay
And the bells were ringing out
For Christmas day

 R.I.P Shane MacGowan



 

 

 

Frohe FOFLige Weihnachten wünscht Euch Penjelly!