Solange es ihr möglich war, beobachtete und erlebte Irmgard Keun den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland aus nächster Nähe. Sie begann diesen Roman bereits bevor sie erst 1936 das Land verließ im Kopf zu formulieren, hatte aber nicht riskieren können, ihn aufzuschreiben. „Nach Mitternacht“ erschien 1937 im Exil.
Etwa wenn es um die Liebe in Zeiten des Nationalsozialismus geht:
„…nun muß man auch noch alle Bestimmungen über die Liebe kennen, das ist bestimmt nicht leicht. Man kann entmannt werden oder ins Gefängnis kommen, ehe man sich’s versieht, das ist nicht angenehm. Es soll ja Liebe geben, und man soll als deutsche Frau auch Kinder kriegen, aber dazu ist doch immer ein Vorgang mit Gefühl nötig. Und bei diesem Vorgang dürfen gesetzlich keine Fehler gemacht werden. Das Sicherste ist vielleicht doch: man liebt überhaupt nicht. Solange das gestattet ist.“
Lesenswert macht den Roman zudem die wunderbar bildhafte Sprache, mit der Keun beeindruckt:
„Noch nicht einmal mein Haar leuchtet. Es hat eine blonde Farbe, die schläft.“
„Ich saß halb auf dem Schoß von einem dicken Mann, sein Gesicht konnte ich nicht richtig erkennen, sein Atem war wie ein fetter stinkender Ball, der mir immerzu ins Gesicht flog.“
„Ein Zufall ist es, daß giftige Gase nicht meinen Leib zerfressen. Der Führer riskiert alles. Durch ein Wort kann er Krieg machen morgen und uns alle tot. Wir alle ruhen in des Führers Hand.“
Mehr dazu findet Ihr unter Frankfurt liest ein Buch.
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